Aus den Tiefen der Erde brodeln spektakuläre heiße Quellen hervor, die uns tragen, stärken und heilen. Das wohltuende Thermalwasser sprudelt in Regenwäldern ebenso wie in Wüsten, in strahlend weißen Naturbecken wie in luxuriösen Resort Pools. Die weltweit schönsten natürlichen heißen Quellen sind außerdem atemberaubende und fotogene Reiseziele, wie unsere Autorin Vivian Werg weiß.
HEALING FORCES
Wasser macht die Menschen glücklich. Es ist still und laut, stürmisch und entspannt, erfrischend und wärmend, leicht und schwer zugleich. Heiße Quellen findet man in Gebieten mit hoher vulkanischer Aktivität. Da dieses Thermalwasser reich an gelösten Mineralien ist, wird es schon seit Menschengedenken zu Therapiezwecken genutzt. Für die Entspannung tauchen beispielsweise Japaner:innen in die sogenannten Onsen, in Island sind es die Hot Pots. Heiße Quellen gehören zu den erstaunlichsten Naturwundern. Seit Jahrhunderten sammelt sich das mineralhaltige Wasser entweder auf natürliche Weise in Pools oder wird in künstlich geschaffene Spas geleitet. Der Mineralgehalt des Wassers variiert je nach Ort und Region. In einigen dieser Quellen kann man zwar nicht baden, aber unglaublich faszinierend sind sie allemal.
CASCATE DEL MULINO, ITALY
Versteckt in den Hügeln der Südtoskana hat die Natur im Örtchen Saturnia ein kleines Spektakel erschaffen. Das Wasser dieser rund 1.000 Jahre alten Quelle hat einen langen Weg zurückgelegt. Es dauert 40 Jahre, bis das Wasser seinen endgültigen Bestimmungsort erreicht. Der Legende nach entstanden die Quellen, als Gott Jupiter Blitze auf Saturn warf – und verfehlte. Aus den Tiefen der Erde tritt hier 37,5 Grad Celsius heißes Thermalwasser aus und fließt einem Wasserfall gleich den erloschenen Vulkan Monte Amiata hinab. Direkt neben einer Mühle haben sich im Laufe der Zeit erstaunliche, unterschiedlich große Kalksteinbecken gebildet. Das irdische Paradies, wie es gern genannt wird, ist ein echtes Naturschauspiel. Das Thermalwasser ist reich an Schwefel und nützlichen Mineralien für das Herz-Kreislauf-System. Außerdem wird dem Quellwasser nachgesagt, dass es einfach alles, von Akne bis Mandelentzündungen, lindern kann.
PAMUKKALE, TURKEY
Was zunächst wie eine schneebedeckte Landschaft erscheint, erklärt die Bedeutung von Pamukkale, was übersetzt „Baumwollschloss“ bedeutet, und das Ergebnis von verfestigtem, kalziumkarbonatreichem Wasser ist. Die 17 Stufenbecken von Pamukkale und ihr ruhiges, warmes Wasser in den milchig-weißen Travertin-Formationen (eine Form von Kalkstein) spiegeln perfekt den Himmel der Ägäis wider und bietet einen Blick auf die südwestliche Stadt Denizli, die etwa sechs Autostunden von Istanbul entfernt liegt. Pamukkale gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe, ebenso wie die nahegelegene griechisch-römische Kurstadt Hierapolis, wo es zahlreiche antike Ruinen gibt. Kleopatra selbst soll in den heißen Becken gebadet haben. Über Jahrtausende hinweg hat das Quellwasser durch feinste Mineralablagerungen natürliche Sinterterrassen gebildet, die alabasterfarben erstrahlen.
BLUE LAGOON, ICELAND
Auch im hohen Norden Europas, tief unter Eis und Fels, brodelt es. Island ist bekannt für starke geothermische Aktivität, für Vulkane, aber auch für heiße Quellen – wie die berühmte Blauen Lagune von Grindavik, die kaum eine Autostunde von der Hauptstadt Reykjavik entfernt liegt. Schwarzes Lavagestein, unterbrochen von milchig-blauem Wasser und Dampf, der wie Wolken aufsteigt. Die Blaue Lagune liegt in einem 800 Jahre alten Lavafeld. Das Thermalfreibad trumpft mit warmem Meereswasser auf, das aus einer Tiefe von rund 2.000 Metern aufsteigt und mit sehr angenehmen 38 Grad Celsius an die Oberfläche dringt. Der hohe Anteil an Siliziumdioxid, Algen sowie Kieselerde (welche für das ikonische Türkis der 5.000 Quadratmeter großen Lagune verantwortlich ist) wirkt Studien zufolge heilsam.
GRAND PRISMATIC SPRING, WYOMING/USA
Mit einer Breite von etwa 370 Fuß und einer Tiefe von 120 Fuß ist die Grand Prismatic Spring die größte heiße Quelle im Yellowstone National Park und die drittgrößte weltweit. Das Zentrum des Beckens ist durchdringend blau, umgeben von Farbringen, die von grün bis orange schillern. Ein Effekt, der von Bakterien erzeugt wird, die in dem warmen, mineralhaltigen Wasser gedeihen. Das Schwimmen ist hier zwar nicht erlaubt, aber es ist trotzdem das meistfotogarfierte Thermalgebiet im Nationalpark. Tipp: Nach dem Besuch der Grand Prismatic Spring, fahren Sie am besten weiter nach Montana, wo Sie tatsächlich in das geothermale Wasser eintauchen können. Umgeben von den Gipfeln des Paradise Valley ist die Aussicht auf die Yellowstone Hot Spring ebenso spannend wie das Wasser. Die Quellen enthalten außerdem Kieselsäure, die zur Beruhigung gereizter Haut beiträgt.
TERMAS GEOMETRICAS, CHILE
Ein Labyrinth aus roten Plankenwegen inmitten üppiger Vegetation ist die beste Beschreibung für die Quelle, die aus reinem Thermalwasser besteht. Die geometrischen heißen Quellen wurden von Germán del Sol entworfen, der durch die Gestaltung und Konstruktion von Holz und natürlichen Materialien die Natur der heißen Quellen in die Geometrie bringen wollte, um ein harmonisches Ganzes zu schaffen. Diese Kette mit mehr als 60 Quellen ist vor allem an den roten Stegen zu erkennen, die über die wilde Schlucht führen. Der Zauber der Termas Geometricas liegt in der üppigen Landschaft des chilenischen Nationalparks Villarrica. Dort können Sie die neblige, überwucherte Schönheit der natürlichen Umgebung in einem der 20 Steinbecken, die zwischen 30 und 40 Grad Celsius warm sind, genießen. Die Suche nach einem geeigneten Ort macht die Reise fast genauso faszinierend wie das Ziel.
HUANGLONG NATIONAL PARK, SIUCHAN/CHINA
Der Huanglong-Nationalpark, auch „Märchenland auf Erden“ genannt, ist nicht nur wegen des farbwechselnden Wassers seiner heißen Quellen magisch, sondern auch aufgrund seiner riesigen Panda-Population, die der Wald beheimatet. Traumhaft sind ebenso die schneebedeckten Berge sowie die Travertin-Landschaft. Das gesamte Huanglong-Tal im Nordwesten der Provinz Sichuan gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe. Die terrassenförmig angelegten Becken mit kristallklarem Wasser erstrecken sich über 2,2 Meilen – im Ganzen sollen die Formationen sogar wie ein riesiger Drache aussehen, der sich durch die Berge schlängelt. Er trägt daher auch den Namen „Gelber Drache“, da die Becken den Schuppen eines Drachens ähneln. In das geheimnisvolle, stahlblaue Wasser darf leider nicht eingetaucht werden.