VIRTUELLE EXZENTRIK: DIGITAL ANDERS IST DAS NEUE EXKLUSIV

Wie Social Media den Exzentriker neu erfunden hat

In einer Welt, in der digitale Selbstinszenierung zum Alltag gehört, hat auch die Exzentrik eine Transformation durchlebt: Sie ist virtuell geworden. Auf Instagram, TikTok und Co. begegnet uns täglich eine neue Generation von „Exzentriker:innen“, die auffällige Looks, extravagante Hobbys und ungewöhnliche Perspektiven mit der Welt teilen – kuratiert, gestylt und algorithmusgerecht.

Doch was bedeutet das für die Idee der Exzentrik? Während klassische Exzentriker:innen wie Vivienne Westwood oder Andy Warhol durch ihr radikales Anderssein reale gesellschaftliche Konventionen infrage stellten, funktioniert digitale Exzentrik oft als visuelles Spektakel, das Likes und Shares generiert. Der digitale Exzentriker von heute ist häufig weniger Rebell als vielmehr Performer – ein Charakter, der gezielt Brüche inszeniert, um Sichtbarkeit zu erzeugen.

Dabei ist die Demokratisierung der Exzentrik unübersehbar: Wo früher nur wenige Mutige gegen den Mainstream standen, kann heute jede:r mit Smartphone und App zu einem bunten Vögelchen werden. Das ist Chance und Risiko zugleich. Einerseits wird Anderssein endlich sichtbar und zum positiven Wert. Diversität bekommt digitale Bühnen. Andererseits droht, dass Exzentrik zur stilisierten Pose verkommt, die ihre transgressive Kraft verliert. Und doch bleibt der digitale Raum ein spannender Ort für exzentrische Ausdrucksformen: Vom DIY-Fashion-Reel bis zum exzentrisch designten Avatar in Metaverse-Welten entstehen neue Räume der Freiheit.

Virtuelle Exzentrik könnte also der nächste Evolutionsschritt des Andersseins sein – weniger subversiv, aber zugänglicher und pluralistischer als je zuvor. Vielleicht liegt genau darin ihre Kraft: In einer Welt, die immer normierter erscheint, sorgt digitale Exzentrik für frische Impulse, ein Spiel mit Identität und Stil und nicht zuletzt für die Freiheit, auch online einfach anders sein zu dürfen.