VILLA PHILIPPE - THE TASTE OF TAUNUS

Von Zeit zu Zeit zieht es die THE FRANKFURTER Food-Autoren Volkan Brandl und Dirk Eisel auf der Suche nach kulinarischen Entdeckungen aus der Mainmetropole heraus. Diesmal führt ihr Weg nach Kronberg im Taunus, wo Sternekoch Jan Hoffmann und Karl Martin Hohmann in der Villa Philippe ihre Zelte aufgeschlagen haben und in einem Haus mit Historie Botschafter ihrer Region sind.

Manchmal steht am Anfang einer Idee für ein neues Restaurant ein Gebäude. Im Fall der Villa Philippe war es die gleichnamige Gründerzeitvilla am Rande der Kronberger Altstadt, die Küchenchef Jan Hoffmann und seinen langjährigen Weggefährten Karl Martin Hohmann dazu inspirierte, sich dort mit einem modernen Casual Fine Dining-­Konzept selbständig zu machen.

Das mit viel Liebe zum Detail renovierte Haus hatte zuvor bereits mehrere Gastronomiebetriebe beherbergt, war aber seit längerem ausschließlich als Veranstaltungslocation genutzt worden. "Ein befreundeter DJ war hier für eine Hochzeitsfeier gebucht, rief uns noch am selben Abend an und sagte, er habe die perfekte Location für uns gefunden", erinnert sich Karl Martin Hohmann.

PARTNERS IN COOKING

Jan Hoffmann und er kennen sich seit über zehn Jahren aus ihrer gemeinsamen Zeit in der Villa Merton in Frankfurt. Hoffmann war dort Junior Souschef, Hohmann im letzten Jahr seiner Kochausbildung. Nachdem viele gemeinsam ge­schlagene Schlachten in der Küche des Spitzenrestaurants die beiden zusammengeschweißt hatten, trennten sich allerdings für einige Jahre ihre Wege. Während Karl Martin Hohmann nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaf­ten für einen Lebensmittel­-Großhändler und ­-Dienstleister Restaurantkonzepte entwickelte, setzte Jan Hoffmann, der bei Koryphäen wie Drei-­Sterne-­Koch Juan Amador gelernt hatte, seinen Aufstieg durch Frankfurter Küchen fort, bis er als Küchenchef des Restaurants Seven Swans im Koch-­Olymp ankam: Ende 2015 verlieh ihm der Guide Michelin den begehrten Stern, den er im darauffolgenden Jahr verteidigte.

FROM STAR TO BURNOUT

Für viele überraschend, entschied sich Hoffmann darauf­hin, das Konzept komplett auf vegetarische Küche umzu­stellen, und nicht wenige Kritiker prophezeiten daraufhin den Abstieg. Jan Hoffmann ließ sich nicht beirren: "In mei­nen Augen ist die vegetarische Küche die Zukunft, Gemü­se ist viel mehr als nur gedünstete Paprika oder gebratene Zucchini. Gemüse ist wirklich spannend, man muss sich nur mal eine Weile damit befassen." Und das damals beina­he Unglaubliche geschah: allen Zweiflern zum Trotz erhielt das Seven Swans nach der Umstellung erneut einen Stern – als eines von damals nur vier Restaurants in ganz Europa mit einem ausschließlich vegetarischen Menü. Doch der mit dem Erfolg einhergehende Stress forderte seinen Tribut: mit einem Burnout musste Jan Hoffmann im Frühjahr 2018 seinen Platz in der Küche räumen. "Ich bin ein sehr perfektionistischer Typ, versuche immer, etwas noch besser zu machen, anders zu machen", weiß Hoff­mann inzwischen um die Gründe für die damalige Zwangs­pause. Aus dem zunächst geplanten sechsmonatigen Sabbatical wurden eine anderthalbjährige Auszeit und ein endgültiger Abschied vom Seven Swans.

STARTING ALL OVER

Da seine Leidenschaft für das Kochen zu stark war, um die Schürze an den Nagel zu hängen, kämpfte sich der Sterne­koch wieder zurück. Zusammen mit seinem alten Freund Karl Martin Hohmann, der ihn schon am Ende der Zeit im Seven Swans in der Küche unterstützt hatte, entwickelte er zunächst ein vegetarisch-­veganes Streetfood­-Konzept mit Namen „HoHo Deli to go“. Erste Pop-­Up Veranstaltun­gen verliefen vielversprechend, aber die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten gestaltete sich schwierig. "Eine bezahlbare Location in Frankfurt zu finden, ist schwierig", so Hoffmann. Als die Verhandlungen über ein vielverspre­chendes Ladenlokal auf den letzten Metern scheiterten, erreichte die beiden der Anruf des befreundeten DJs, der sie schließlich nach Kronberg führte.

A RESTAURANT FOR THE GUESTS

Und so betraten Hoffmann und Hohmann im Herbst 2019 erstmals die Villa Philippe und waren sofort von den vielen Möglichkeiten, die das Haus bot, begeistert. Neben einer großen, modernen Küche mit Tageslicht überzeugten ins­besondere die verschiedenen Gasträume des dreistöcki­gen Hauses. Im ersten Obergeschoss laden ein großzü­giger Speiseraum und ein Wintergarten mit Blick auf den Victoriapark zu einem festlichen Abend ein. Ein Gewöl­bekeller mit Kamin kann für berufliche und private Feier­lichkeiten genutzt werden und soll in naher Zukunft eine Weinbar beherbergen. Im Erdgeschoss befindet sich eine Bar, und für die Außensaison steht der stimmungsvolle Sommergarten bereit.

Wir wollen uns hier nicht beweisen. Wir wollen gute, authentische und ganz wichtig nachhaltige Gastronomie machen. Jan Hoffmann, Villa Philippe

Passend zur Location, hat Jan Hoffmann sein kulinarische Konzept an den Gästen ausgerichtet: "Die meisten möch­ten hier nicht nur ausschließlich vegetarische Küche. Mei­ne Menüs werden schon vegetarisch konzipiert, und es ist auch für Vegetarier und Veganer etwas dabei, aber dann packen wir noch ein großartiges Stück Fleisch oder Fisch dazu, und es wird ein noch großartigerer Gang."

SUSTAINABLE & REGIONAL

Wichtig ist den beiden Betreibern der Villa Philippe die Verwendung nachhaltiger Produkte, beispielsweise durch Verzicht auf Fische, die vom Aussterben bedroht sind oder aus überfischten Gebieten stammen. Ebenfalls nicht auf der Karte sind Produkte mit zweifelhafter Ökobilanz, wie etwa die Avocado. Darüber hinaus stehen regionale Zuta­ten von den Wäldern, Wiesen und Feldern des Taunus im Fokus, aus denen Jan Hoffmann mit dem handwerklichen Können und der Kreativität eines Spitzenkochs Großartiges und Überraschendes erschafft.

Sei es in Form modernisierter Klassiker wie der "Forelle Müllerin", bei der er ein Filet von der Bachforelle aus dem Taunus unter einer krossen Mandelhaube mit geschwenk­ten jungen Kartoffeln, Petersiliencreme und Nussbutter kombiniert. Oder in einem sensationellen vegetarischen Gericht, bei dem Lauch als lange Nudeln, roh und frittiert serviert wird, zusammen mit einem gebeizten Land-­Ei, ei­ner buttrigen Eigelb­-Creme, Taunus-­Steinpilzen und einge­weckten Vogelbeeren.

WINE FROM HESSE

Regionalität steht auch bei der Weinauswahl im Vorder­grund. Neben einigen ausgesuchten Flaschen aus Burgund, Bordeaux und Italien, enthält die von Karl Martin Hohmann zusammengestellte Weinkarte schwerpunktmäßig erlesene Tropfen deutscher Spitzenweingüter, und hier insbesonde­re aus den unmittelbar benachbarten Weinanbaugebieten Rheingau und Rheinhessen. "Ich versuche, mir nicht so viel Druck zu machen. Wir wollen Spaß an der Arbeit und vor allem glückliche Gäste haben", beschreibt Jan Hoffmann die Ziele des Villa Philippe-­Teams. Bei unserem Besuch sind wir überzeugt: Letzteres sollte in Anbetracht des Ge­botenen ein Selbstläufer sein.