Kalabrien habe trotz seiner hervorragenden Weine mit filmreifen Vorurteilen zu kämpfen, sagt der Kalabrese Simone Tucci, der von Frankfurt aus die edlen Tropfen des jahrhundertealten Familienweinguts Cantine Lavorata an die deutsche Spitzengastronomie und Hotellerie vertreibt. Dank des Netzwerks des American-German Business Clubs Frankfurt kann das Unternehmen jetzt auch beste Kontakte in Nordamerika nutzen.
Hier ist das Ionische Meer kristallklar. Sandstrände, Olivenhaine. Auf einer Klippe thront die uralte Festung von Rocella Jonica. In den sanften grünen Hügeln haben schon die Griechen Wein angebaut, das Klima ist hervorragend dafür. Seit fünf Generationen baut in dieser Landschaft das Weingut Cantine Lavorata aus einer Reihe von anerkannten und einheimischen Trauben, die einzigartig in der Region sind, beste Rot- und Weißweine an, gereift in Fässern aus kalabrischem Kastanienholz. Rund 1,5 Millionen Flaschen werden im Betrieb jährlich produziert. Um den deutschen Markt umfassend bedienen zu können, entschied man sich vor einiger Zeit für Frankfurt als Exportstandort. Geführt wird dieser von Simone Tucci, der sich leidenschaftlich als Genuss-Botschafter Kalabriens einsetzt.
Herr Tucci, ärgert es Sie das, wenn man Kalabrien oft mit kriminellen Strukturen, wie sie auch in Hollywood-Spielfilmen gezeigt werden, in Verbindung bringt?
"Wenn ich erzähle, woher ich komme, hat das Gegenüber meist sofort dieses Bild parat. Ich lache darüber. Und schwärme lieber von dieser wunderbaren, landschaftlich so vielfältigen Region und ihrer Kulinarik. Von Kilometer zu Kilometer wechselt die Landschaft, was sich auch im Wein widerspiegelt. Wir sind aktuell bei der Weinlese und erwarten einen fabelhaften Jahrgang. Neben dem Wein ist es Bergamotte, wofür Kalabrien bekannt ist. Diese Zitrusfrüchte sind das Gold der Region: 98 Prozent der Weltproduktion kommt von dort. Kalabrien, das ist meine kleine Welt, auch wenn ich seit gut zehn Jahren in Frankfurt lebe - und ich will den Menschen im Ausland zeigen, dass die Region sehr viel mehr ist als das Klischee Mafia."
Warum wurden Sie Mitglied im American-German Business Club Frankfurt?
"Auch wenn ich dort wohl der einzige Italiener bin, kommen doch viele Nationalitäten zusammen. Club-Präsidentin Maja Vuksic lernte ich vor einigen Jahren bei einem meiner Wine-Tastings kennen. Meinem Interesse am Club und seiner internationalen Netzwerkarbeit folgte bald die Mitgliedschaft. Generell bin ich offen für neue Kontakte, interessiere mich für die verschiedenen Kulturen und Business-Themen. Dass unser Weingut heute in den USA präsent ist, und wir diese Brücke auch weiter ausbauen, habe ich hauptsächlich diesem Netzwerk zu verdanken. Nordamerika ist generell weltweit der größte Markt für italienische Weine, unmittelbar gefolgt von Deutschland."
Wir liefern nach Pennsylvania. Texas und New York sollen folgen. Amerikaner lieben Wein aus Kalabrien. Simone Tucci, Marketingdirector, Cantine Lavorata Deutschland
Was hat es mit Ihrem "069"-Label auf sich?
"Diese Weine sind mein Dankeschön an Frankfurt. Als es mir vor einigen Jahren nicht gutging, bekam ich von dieser Stadt eine zweite Chance, die ich nutzen konnte. Für Neuankömmlinge und Immigranten bietet Frankfurt so viele Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung und Entfaltung. Die kleine, exklusive Serie '069', ein Rot- und Weißwein sowie ein Rosé, die es nur bei unseren gastronomischen Partnern gibt, ist meine Verbeugung vor dieser Stadt."
Startschuss in Pennsylvania. Wieso gerade dort?
"Wir hatten vor Jahren einen Gast, es war ein Tourist, auf unserem Weingut. Seine Begeisterung für die Weine führte zu den allerersten Kontakten in Pennsylvania. Und wissen Sie, was Amerikaner noch lieben außer kalabrischen Wein? Die Salami! Besonders die aromatische Lenden-Salami 'Capocollo' vom schwarzen Schwein, die Rasse wird in freier Natur gezüchtet. Die Amerikaner sind verrückt danach. Für mich als Genussmensch ist es natürlich eine Freude zu sehen, dass unser kulinarisches Erbe auch in der Ferne so viele glücklich macht."
BUILDING BRIDGES
Nach dem Motto "Brücken bauen" setzt sich der American-German Business Club (AGBC) Frankfurt nicht nur für eine Business-Entwicklung und die Vernetzung seiner Mitglieder ein, sondern auch für die größere Gemeinschaft, der wir ebenso angehören.
Wir bemühen uns, geschäftliche Werte wie Mut, positives Denken, Inspiration, Verantwortlichkeit und Reaktionsfähigkeit zu fördern. Durch unsere Aktivitäten kultivieren wir das gesamtgesellschaftliche Umfeld der Stadt Frankfurt sowie deren kontinuierliche nachhaltige Entwicklung. Der AGBC bietet etablierten und aufstrebenden Führungskräften die Möglichkeit, wichtige Beziehungen zu entwickeln und zu pflegen, an innovativen Programmen teilzunehmen und Weltklasse-Know-how zu erwerben, um Perspektiven zu erweitern und Fähigkeiten zu schärfen. Durch fortlaufende Initiativen zur Entwicklung von Führungskräften und Mentoren sowie durch die Erfahrungen seiner Mitglieder bringt der AGBC Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft zusammen, um Themen und Möglichkeiten zu diskutieren, welche die Wirtschaft in Frankfurt und auch global betreffen.
"PLAYING A POOR HAND WELL"
Der US-amerikanische Schriftsteller Jack London soll einmal gesagt haben: "Life is not always a matter of holding good cards, but sometimes playing a poor hand well." Das vergangene Jahr war in jeder Hinsicht ein herausforderndes Jahr - und in unserem Club haben wir beschlossen, uns ein Beispiel an Jack London zu nehmen und ein "schlechtes Blatt" gut auszuspielen.
Unsere Mitglieder stellten sich der Herausforderung und bewiesen ihre Innovationskraft, indem sie ihre Kernaktivitäten völlig neu gestalteten und neue Programme zur Unterstützung der Community entwickelten. Aus ehemals lokalen Live-Programmen wurden virtuelle, landesweite Veranstaltungen. Unser "Entrepreneurs of Tomorrow" (EoT) Mentoring-Programm das zuvor nur jungen Menschen in Frankfurt zur Verfügung stand, war nun von Studenten in vier Städten nutzbar.
Unser Club befindet sich in einer Zeit enormer Veränderungen. Die Pandemie, die wirtschaftlichen Herausforderungen und die zunehmenden Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit haben uns dazu veranlasst, fast alles zu überdenken, was wir tun. Die Umstände des letzten Jahres haben uns gezwungen, uns neu auszurichten und zu erneuern, um mehr neue Mitglieder anzusprechen sowie die Struktur unseres Clubs zu verbessern.
In den Herbstmonaten werden wir wieder persönliche Networking-Veranstaltungen anbieten, darunter unseren "Walk through the American Vineyards", unsere Dinner-Veranstaltungen mit hochrangigen amerikanischen und internationalen Diplomaten sowie unser EoT-Programm. Ein Highlight wird der hybride "New Generation PPE Round Table" sein.