Jetzt auch noch Schmetterlinge! Für Palmengarten-Direktorin Katja Heubach sind die Falter mehr als nur schöne Wesen. Bei einem Picknick im Palmenhaus sprachen wir mit ihr über den Jubiläums-Sommer, Hochzeitstänze und den Teufel.
SEA MONKEYS
Wir sprechen erst einmal über Wasserflöhe. Damit kennt sich Katja Heubach nämlich bestens aus. Zur Genetik und dem Vorkommen der Winzlinge im Bodensee hat sie für ihre Diplomarbeit geforscht. Sind das nicht diese Uhrzeit-Krebse, die es früher als Gimmick der Yps-Hefte gab? "Sea Monkeys"? Die Naturwissenschaftlerin erklärt schmunzelnd, was es mit diesen Tieren auf sich hat. Überhaupt kann sie lebendig erklären, ohne weitschweifend zu dozieren, und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Ob sie denn das Gras wachsen höre und wie es mit dem eigenen grünen Daumen sei? "Auf meinem Balkon pflege ich meine kleine grüne Ruhezone", verrät die Stadtgärtnerin übers private Beet im Ostend.
THE GARDEN OF TOMORROW
Im Palmenhaus, dem Herz- und Prunkstück des Gartens, serviert uns das Restaurant Lafleur ein edles Teller-Picknick und alles, was sich 2-Sternekoch Andreas Krolik dafür ausgedacht hat, natürlich auch sein veganer Himbeerkuchen, ist ein Wow-Faktor. Gutes Stichwort. Denn auch im Palmengarten geht es um Begeisterung. Hier kann man seit 150 Jahren der gezähmten Natur in besonderer Weise nahe sein. "Unsere große Stärke ist das Analoge", weiß Katja Heubach, doch: "Parallel wollen wir digitale Partizipations- und Erlebnismöglichkeiten schaffen, um auch künftige Generationen zum Staunen zu bringen. Augmented Reality finde ich spannend. So könnte man etwa die schöne Blutbuche, die ich von meinem Büro aus sehen kann, per Smartphone im Jahreszyklus simulieren und sehen, wie sich ihr Blätterkleid übers Jahr verändert." Der Palmengarten von übermorgen wird sich den Effekten des Klimawandels anpassen müssen, erkennt die Direktorin richtig: "Was pflanzen wir heute, das in 30 bis 50 Jahren noch Bestand hat, besonders mit Blick auf die Gehölze? Das sind wichtige Überlegungen. Englischer Rasen ist ein Gestaltungselement des 19. Jahrhunderts - und sehr durstig. Unsere Blühwiese beschattet sich hingegen selbst, da sie einen längeren Mähzyklus hat, da verbrennt wenig. Doch wir wollen natürlich weiterhin ein Schaugarten sein, der sein Erbe modern pflegt. Mein Ziel ist es, den Garten und seine Anlagen für einen vielschichtigen Wandel zu wappnen und gleichzeitig sicherstellen, dass wir unseren Beitrag zum Klima- und Artenschutz leisten."
BUTTERFLIES CELEBRATE THEIR WEDDING
Der Teufel riss den Affenbrotbaum aus und steckte ihn mit den Zweigen zuerst in den Boden, so dass die Wurzeln nun in die Luft ragen. "In Afrika ist diese Legende weit verbreitet. Wer den Baum bei uns sehen möchte, findet ihn im Tropicarium", erklärt Katja Heubach und versteht unseren Wink. Sie hat einige Jahre in Westafrika geforscht, war in Benin und Burkina Faso. Der wasserspeichernde Affenbrotbaum interessierte sie im Kontext der Mensch-Natur-Beziehungen in Savannenökosystemen. Manchmal habe sie Sehnsucht nach der Wärme im tropischen Afrika, gesteht sie.
Bei uns kann man Schmetterlinge in flagranti beobachten. Dr. Katja Heubach
TAPPING STONES
Woher das Interesse an Biologie? "Ganz sicher von meinem Großvater, der Tierarzt war. Mit ihm unternahm ich Spaziergänge zum Fuchsturm in Jena und zu den Muschelkalkablagerungen dort, wo wir nach Fossilien suchten." Nach dem Abitur studiert sie zunächst Architektur in Berlin, wechselt schnell, will gern in Berlin bleiben und landet durch Zufall an der Goethe-Universität. Zufall? "Zufall ist, wenn Gott anonym bleiben möchte", überrascht uns Katja Heubach. Wie auch immer, alles fügt sich und trägt Früchte. Frankfurts Umweltdezernentin Rosemarie Heilig, Heubachs heutige Chefin, traute ihr die Leitung des Palmengartens zu: "Obwohl ich bis dahin wenig Organisations- und Führungserfahrung hatte. Das Gefühl, dass sie so viel Vertrauen in mich hat, trägt mich bis heute." Sie habe große Gestaltungsfreiheit, sagt Katja Heubach und sie baue als Kopf eines 169-köpfige Teams auf das Expertentum jedes einzelnen Mitarbeiters. In ihrem ersten Jahr habe sie vielleicht zu viel zu schnell gewollt, "ich bin ruhiger geworden". Ruhiger, aber sicher nicht tatenlos. Sie hat viel vor, will den Palmengarten international wieder stärker antreten lassen.
SHEPHERD'S PURSE
Waldbaden? Welche drei Pflanzen würde sie mit auf eine Arche Noah nehmen? Fragen wie Schlüsselblumen, die Stadtgärtnerin öffnet sich gern. So erzählt sie, dass der Riederwald ihr liebster Ort für Waldspaziergänge sei, ein wenig beachteter Edelstein: "Es ist so herrlich naturbelassen dort, viele verbinden den Riederwald nur mit einer Autobahnabfahrt. Und mit auf die Arche nehme ich das Hirtentäschel mit seine herzförmigen Früchten, sein lateinischer Name Capsella bursa-pastoris klingt einfach schön, dazu das Vergissmeinnicht, als Botschaft, die Erde nicht zu vergessen, und als Nutzpflanze den Kaffeestrauch." Diese Auswahl verrät viel über sie, das müsste sie wissen, denn psychologische Themen und alles was mit Mindset zu tun hat, interessieren sie sehr. Und ja, das Gras kann hören. Im Jubiläums-Sommer wird es draußen Sound-Installationen geben.