Polarlichter, klirrende Kälte und meterhoher Schnee in einer märchenhaften Landschaft – Schwedisch Lappland ist Europas letzte Wildnis und das Traumziel für herausfordernde Wintersafaris. THE FRANKFURTER-Fotograf Nikita Kulikov erlebte in der Heimat von Santa Claus ein unvergessliches Abenteuer.
Dick einmummeln in Schal und Mütze bringt am Polarkreis wenig – was man hier im Winter braucht, sind Thermo-Schneeanzüge oder Overalls, die Temperaturen bis zu 20 Grad minus trotzen können. Nur Santa Claus, die Galionsfigur von Schwedisch Lappland – den man allerdings nie zu Gesicht bekommt, erst recht nicht um die Weihnachtszeit – fährt, so zeigen ihn die gängigen Bilder, mit einem dünnen roten Wollmantel auf seinem Rentierschlitten die Geschenke an die Kinder aus. Je nach Aktivität sind auch gute Schneeschuhe wichtig, mit denen man stundenlang durch die verschneiten Wälder stapfen kann und die auf dem Schneemobil oder Husky-Schlitten die Fußzehen einigermaßen auf Normaltemperatur halten. Ich bin in Moskau aufgewachsen, kenne also viel Schnee und über Monate frostige Straßen. Was aber meine Buddy Clique und mich bei dieser Extremtour erwartete, sollte alles übertreffen.
WINTER WONDERLAND
HYGGE DELUXE
Wir beziehen Quartier in einem großen, stilvollen Blockhaus, das den typischen schwedischen Charme versprüht. Gebaut wurde die „Lapland Lodge“ 1850, als diese Gegend allenfalls europäische Polarforscher als Gäste anzog. Innen, stellen wir begeistert fest, ist das unlängst aufwändig renovierte Boutique-Hotel mit sämtlichen Annehmlichkeiten ausgestattet, die einem Luxus-Refugium in der Wildnis alle Ehre machen. Mit WLAN und anderem technischen Equipment ist man hier nicht aus der Welt. Die Lodge Bar mit einer exquisiten Auswahl an Gin, Whiskey und Schwedischem Bier macht lange Abende gesellig, wie wir schnell feststellen. Toll auch die – für Schweden obligatorische – Sauna, hier mit Salzlounge und einem Außen-Whirlpool, der Balsam ist nach einem aktiven Tag im Schnee.
ADRENALINE KICK
Wir verlieren keine Zeit und starten die erste geführte Tour mit dem Schneemobil. Der Veranstalter Arctic Earth, seit 2004 ein Experte für solche Adventure und Erlebnistouren am Polarkreis, hat an alles gedacht. Wir werden im Hotel mit speziellen Schneeanzügen, Schuhen und Helmen ausgestattet – Safety first! Wer sonst Motorrad fährt, ist hierbei etwas im Vorteil. Die wendigen, blitzschnellen Maschinen erfordern nicht wenig Kraft, man arbeitet immer mit Gegengewicht und fährt mehr im Stehen als im Sitzen. Aber kein Problem, auch nicht für die sportlichen Frauen unserer Clique. Die Landschaft fliegt an uns vorbei, und es dauert nicht lange und unsere Gesichter werden eiskalt, später bilden sich sogar Eiskristalle an den Wimpern und Augenbraunen. Das ist Schnee auf die harte Tour, macht aber riesig Spaß und gibt Adrenalinkicks wie selten.
HUSKY DOGS
Sie sind keine Kuscheltiere. Unser Guide auf der Husky-Farm gibt uns genaue Anweisungen, was mit diesen charakterstarken Hunden geht – und was man besser lässt und wie sie Fremde als starke Führer akzeptieren. Außerdem erfahren wir viel über die Aufzucht dieser wunderschönen Tiere, bevor es mit ihnen gut zwei Stunden auf einer breiten Loipe durch die Winterlandschaft geht. Der Blick auf meine Meute zeigt, wie unterschiedlich die Charaktere der Hund sind, einige hüpfen bellend auf und ab, andere liegen noch entspannt im Schnee. Dann das Zeichen zum Aufbruch. Unter ihrem freudigen Gebell steige ich in den Schlitten, die Handhabung wird uns erklärt – und los! Gut festhalten heißt es, denn die sehr ausdauernden Huskys nehmen kaum Rücksicht auf zögerliche Zeitgenossen.
ICE COLD FISHING
SHORT FLASH
Sich für ein paar Tage in eine völlig andere Welt beamen – in Schwedisch Lappland ist das möglich. Man muss nicht gleich bis Alaska oder in die Antarktis reisen – auch wenn es dort hochspannend ist: schon in Schwedens Norden wartet das fabelhafte Winterabenteuer, das man geschützt, extrem sportlich und zugleich mit viel Luxus – und vor allem gemeinsam mit guten Freunden oder auch Teamkollegen – erleben kann. Die unberührte Natur übt auf mich eine ungeheure Faszination aus. Sah ich bislang nur in Spielfilmen raue Pioniere mit Schneeschuhen, bin ich nun in Schweden selbst jemand, bei dem der Schnee breit unter den Füßen knirscht. Man geht in dieser eisigen Region bis an die eigenen Grenzen, eine Erfahrung von hohem, nachhaltigen Wert. Das Beste aber: diese Stille an Orten jenseits der gängigen Anlaufpunkte. Nichts hören. Alles riechen und fühlen. Das dichte Erleben von Gemeinschaft und Verlässlichkeit. Offenes Feuer und die handfeste arktische Hausmannskost. Natur pur. Eines der letzten Abenteuer.