MEGATREND: SUSTAINABLE INVESTING

Die Corona-Pandemie und der Klimawandel lassen Anleger immer anspruchsvoller werden. Und längst schließen sich nachhaltig und renditestark nicht mehr aus. Börseexpertin Sissi Hajtmanek erklärt im THE FRANKFURTER-Special den Anlagetrend 2021.

Der Börsecrash 2020 hat die Nerven von Vielen Anlegern zeitweise ziemlich blank liegen lassen. Parallel haben die Corona-Pandemie und die niedrigen Kurse neue Investoren auf das Börseparkett gelockt, denn eines ist sicher: die Zinsen bleiben niedrig und die Immobilienpreise werden vorerst nicht wie bisher durch die decke gehen. Aber das Geld muss irgendwohin - da sind Sachwerte wie Aktien gefragter denn je. Und vor allen dingen nachhaltig sollen sein.

Deutschland hat sich bisher als verlängerte Werkbank der EU gesehen und kaum Impulse eingebracht. Es wird Zeit, dass die Politik endlich Farbe bekennt und eigene Akzente setzt. Ingo Speich

NEW MINDSET

Nachhaltige Anlagen sind schon länger auf dem Vormarsch. Die Corona-Pandemie hat ihnen jetzt einen regelrechten Booster verliehen. Große Investoren wie Pensionskassen und Stiftungen legen ebenso wie Privatanleger immer mehr Wert auf die Art ihrer Anlagen. Nachhaltigkeit wird immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Das Mindset hat sich da gründlich verändert. Dass Anlagen, die auf Klima, Soziales oder gute Unternehmensführung achten, schwächere Renditen abwerfen, ist längst Schnee von gestern. Und nachhaltiges Investieren ist daher gefragt wie nie.

GLOBAL GOALS

Wir werden uns immer bewusster, dass wir gesellschaftlich umdenken müssen. Das lässt den Markt für nachhaltige Geldanlagen rasant wachsen. Fast alle Staaten weltweit verfolgen inzwischen die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, die Sustainable Development Goals (SDGS). Von Armutsbekämpfung über Klima bis hin zur Förderung friedlicher Gesellschaften, die Zielsetzungen sind vielfältig - und betreffen alle. Daher erwarten auch zunehmend Privatanleger, dass ihr Geld sich nicht finanziell im Wert entwickelt - der Impact soll auch stimmen, also die positive Wirkung. Für Prof. Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, eine Win-Win-Situation: „Wenn private Investoren aus ethischen Gründen ihr Geld in 'grüne' Anlagen umschichten, dann verringern sie die Kapitalkosten der 'grünen' Unternehmen und erleichtern damit die Umsetzung der Energiewende. Das finde ich gut. Kleinere Anleger können von diesem Trend profitieren, weil 'grüne' Aktien im Kurs steigen."
Mit klaren politischen Rahmenbedingungen, vor allem Preissignalen durch Emissionsbesteuerung, können sich nachhaltige Anlageformen langfristig als Mainstream establieren. Prof. Dr. Hermann Lotze-Campen

FOR A BETTER WORLD - TOPIC IN 2021

Nachhaltige Anlagen sind also längst keine Nische mehr, sondern ein Megatrend. Wir wollen, dass unsere Welt eine bessere wird. Und das fördert Anlagen, die dazu beitragen, ohne dass wir dabei auf Rendite verzichten müssen. Denn der Druck auf Unternehmen wächst und Finanzmarktteilnehmer müssen ab März 2021 mit der neuen EU-Verordnung sogar Informationen zu ihren Nachhaltigkeitsstrategien offenlegen. Damit ist klar: das große Anlagethema 2021 heißt „Nachhaltiges Investieren".

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IMPACT INVESTING

Wie wäre es, wenn Investoren den Unternehmen, denen sie Geld geben, richtig auf die Finger schauen? Ein aufwendiges Verfahren, aber längst ein absoluter Trend. Kinderarbeit oder niedrigste Löhne versteckt bei einem Unternehmen? Produktion in China oder höchst umweltschädliches Verhalten? Es gibt viele Komponenten, die in ein nachhaltiges Verhalten nicht recht passen, und in die viele nicht länger investieren wollen. Anlagestrategen, die nach dem Impact Investment vorgehen, diskutieren mit den Unternehmen und verlangen gegebenenfalls Nachbesserung oder Änderung. Und das zuweilen auch mit Nachdruck. Denn wer will schon in Themen investieren, die unserer Umwelt oder Gesellschaft schaden? Für den wohl bekanntesten Aktionärsvertreter und Head of Sustainability & Corporate Governance von Deka Investment, Ingo Speich, eine klare Sache: „Impact Investing wird zukünftig als Baustein in einer Anlagestrategie die Normalität und nicht mehr die Ausnahme sein. Anleger achten zunehmend auf die gesellschaftliche Wirkung ihrer Gelder." Und schon heute ist gerade für die Generation der Millennials Gutes tun und Geld verdienen etwas, das Hand in Hand gehen muss. Und diese Generation wird bald die größte Gruppe der Führungskräfte und Arbeitnehmer ausmachen. Sie wird Forderungen stellen - wie das heute bereits Klimaforscher tun, unter ihnen Prof. Dr. Hermann Lotze-Campen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: "Die Begrenzung des globalen Klimawandels sowie die Einhaltung der nachhaltigen Entwicklungsziele erfordern eine grundlegende Transformation unserer Wirtschaftsprozesse und unserer gesamten gesellschaftlichen Entwicklung."

WITH OPEN CARDS: ENVIRONMENTAL. SOCIAL. GOVERNANCE. (ESG)

Rentabilität, Sicherheit und Liquidität - auf diese drei Faktoren baute man bisher seine Vermögensanlage. Der Faktor Verantwortung spielte dabei keine Rolle. Aber spätestens seit 2020 wollen viele verantwortungsvoller investieren. Und das muss keinesfalls einen Rendite-Nachteil mit sich bringen. ESG-Anlagen achten auf die Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, das kann inzwischen ein deutlicher Renditebringer sein. Die Nachfrage nach diesen Anlagen wird in 2021 weiter wachsen, und Nachhaltigkeitskriterien für Unternehmen werden zunehmend politisch verordnet. Nicht unumstritten, aber es treibt mit die Renditen. Darüber hinaus haben ESG-Anlagen noch einen weiteren positiven Faktor: sie helfen beim Risikomanagement. Investmentstrategien, die ESG-Kriterien integrieren, geben einen tieferen Einblick als klassische Finanzberichte. Durch sie werden langfristige Risiken und Chancen eines Unternehmens besser sichtbar.

GREENWASHING & GREENBONDS

Der Megatrend Sustainable Investing wird sich nicht nur bei Aktien niederschlagen. Nachhaltige Finanzprodukte bekommen in 2021 Hochkonjunktur. Dass an der Börse geführte Unternehmen immer mehr versuchen werden, in Sachen Nachhaltigkeit positiv aufzufallen, liegt auf der Hand. Immerhin möchte man Investoren für sich gewinnen. Dasselbe gilt für Unternehmen, die Anleihen emittieren. Das heißt, auch im Bereich Unternehmensanleihen wird das Angebot für Anleger im Nachhaltigkeitsbereich größer werden. Aber auch bei Sparprodukten, Pfandbriefen und zuletzt bei Bundesanleihen ist das Thema Nachhaltigkeit angekommen. Das große Problem - alle wollen sich jetzt „grün" auf die Fahne schreiben. Greenwashing, also eine Methode Produkte anzubieten, die mehr durch PR als durch Nachhaltigkeit glänzen, boomt. Ingo Speich empfiehlt: „Kritisches Hinterfragen der Qualität des Produktes und des Anbieters. Und in jedem Fall sollten Rendite und Risiko nie aus den Augen verloren werden.“ Seit 2020 gibt der Bund Greenbonds (grüne Bundesanlei- hen). Mit einem Coupon von null Prozent nicht übertrieben attraktiv. In unseren Nachbarländern, in Frankreich, der Schweiz oder auch in Österreich, werden schon deutlich mehr nachhaltige Finanzanlagen an den Markt gebracht. Also viel Luft nach oben für Sustainable Investing!

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