Die blauen Zeiten ändern sich: Galt Denim lange als einer der umweltschädlichsten Stoffe überhaupt, wendet sich nun das Blatt. Immer mehr Labels produzieren ökologischer und ethischer, ohne dass die typische Denim-Coolness leidet.
Die Modebranche ist eine der schmutzigsten Industrien, wenn es um CO2-Emissionen und Abfall geht. Sie nutzt hauptsächlich nicht erneuerbare Ressourcen, etwa Erdöl zur Produktion von Kunstfasern, Baumwolldünger und Chemikalien zum Färben – das sind etwa 98 Millionen Tonnen im Jahr. Ein Viertel aller Kleidungsstücke wird niemals verkauft. Je nachdem, welche Berichte man liest, werden jährlich rund 92 bis 200 Millionen Tonnen Textilien weggeworfen – eine gewaltige Abfallmenge. Nachhaltige Mode spielt dabei eine immer wichtigere Rolle und ist die Zukunft der Modeindustrie.
SUSTAINABLE DENIM BRANDS
Dass Luxus und Nachhaltigkeit gut zusammenpassen, wissen Designerinnen wie Stella McCartney, Gabriela Hearst und Priya Ahluwalia. Sie vereinen Umwelt- und Stilbewusstsein und beweisen, dass Luxus und Bewusstsein kein Gegensatz, sondern eine Verantwortung ist und, dass Trends nachhaltig sein können, ohne Style opfern zu müssen. Mithilfe ressourcenschonender Designs, langlebiger Wertigkeit, fairer Herstellung, recycelten Stoffen und neuer innovativer Materialien setzen sie Nachhaltigkeitsmaßstäbe, die die Modebranche dazu anregen sollen, einen umweltfreundlicheren Weg einzuschlagen. Auch Denim-Brands wie Citizens of Humanity, Closed und Re/Done versuchen Jeans nachhaltiger und ethischer zu produzieren. Sie verwenden Bio-Baumwolle, recyceln, sparen Energie und Wasser und setzen innovative Technologien ein.
FOREVER YOUNG ALLROUNDER
Bei einer Jeans ohne nachhaltigen Ansatz wird schon die Baumwolle mit Pestiziden angebaut, die Jeans mit weiteren Chemikalien gefärbt und anschließend beim Waschen Tausende Liter Wasser verschmutzt. Und obwohl die nicht nachhaltigen Herstellungsprozesse schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit haben, setzen mehr High-End-Marken als je zuvor auf das beliebte Material. Ob weite, lässige Jeans bei Chloé, mit Schnürdetails wie bei Jacquemus, Cargo-Modelle aus Denim bei Givenchy, Maxiröcke bei Burberry, MM6 oder Alaïa oder Double-Denim Sets bei Chanel – Denim ist der Stoff der Stunde. Das Allrounder-Talent der Mode gehört weltweit zu den am häufigsten getragenen Kleidungsstücken und es ist nicht schwer zu verstehen, warum. Denim sieht mühelos cool aus und ist ewig aktuell. Die von Jacob Davis, einem Schneider, und Levi Strauss, Besitzer eines Stoffgroßhandelshauses in San Francisco, vor rund 150 Jahren patentierte Jeans mit Taschen und robusten Nieten hat sich über die Jahrzehnte von der Arbeiterhose zur Modehose entwickelt.
Denim Brands that care – Jeans-Trends der Zukunft definieren sich nicht über Passformen, sondern über ihre nachhaltigen Materialien.
„A BETTER BLUE“
Denim-Marken wie Closed und Frame arbeiten mit Candiani zusammen, der italienischen Premium-Jeansfabrik in einem Naturschutzgebiet im Norden Italiens, die ihr Abwasser auf Giftstoffe testet und ihre Färbebäder regeneriert, anstatt sie zu entsorgen. Und das geschieht seit 1938. 2019 brachte Candiani seinen patentierten Coreva-Stoff auf den Markt – den ersten natürlichen Stretch-Denim, der aus Gummi statt aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Auch das Hamburger Denim-Label Closed legt seit 1978 großen Wert auf Nachhaltigkeit. Für fast alle Jeans verwendet das Label Bio-Baumwolle oder recycelte Baumwolle. Seit Jahrzehnten vertraut das Familienunternehmen auf die hochwertigen Denims von Candiani und fast jede Closed Jeans hat ihren Ursprung in der Weberei dieses italienischen Familienunternehmens. Auch ihre umweltschonende Denim-Linie „A better Blue” wurde in enger Zusammenarbeit mit dem italienischen Denim-Experten sowie der innovativen Denim-Wäscherei Everest entwickelt, bei der dank innovativer Färbe- und Waschverfahren rund 50 Prozent weniger Wasser, 25 Prozent weniger Energie und 65 Prozent weniger Chemikalien verbraucht werden. Für die Herbst/Winter-Kollektion 2023 geht Closed den nächsten Schritt in Richtung nachhaltigerer Denim-Produktion und führt Denim mit einem hohen Anteil an regenerativer Baumwolle ein.
Ebenso das in Los Angeles ansässige Label Citizens of Humanity. Gemeinsam mit Farmer:innen in den Vereinigten Staaten hat sich das Label zusammengeschlossen, um Baumwolle mit regenerativen Anbaumethoden anzubauen. Regenerative Landwirtschaft kultiviert eine gesunde Beziehung zwischen Baumwollpflanze, Boden und Erdatmosphäre. Diese speziellen Anbaumethoden konzentrieren sich auf die Gesundheit des Bodens, die Bindung von Kohlenstoff und die Artenvielfalt. Das ermöglicht Landwirt:innen, die Kohlenstoffemissionen zu verringern und die Gesundheit des Bodens wiederherzustellen, was beides zu höheren Ernteerträgen führt. Mit eigenen Nähereien und Wäschereien in Los Angeles hat Citizens of Humanity zudem die volle Kontrolle über die Qualität und Produktion der nachhaltigen Jeans. Auch die zwei weiteren Denim-Labels des Unternehmens, Goldsign und Agolde, machen ähnliche Fortschritte bei biologischer Herstellung, Laserbehandlungen und Ozonwaschungen, die den Energie- und Wasserverbrauch reduzieren.
SECOND LIFE
Daneben gibt es Denim-Labels, die auf dem „One-person´s-waste-is-another-person´s-treasure“-Prinzip basieren. Anna Foster, Gründerin von E.L.V. Denim, bezieht Jeans aus Vintage-Lagerhäusern in London, zerlegt sie, gleicht sie nach Farbe und Größe ab und lässt sie von Hand neu zuschneiden. Dank des Zero-Waste-Ansatzes wird bei der Herstellung ausschließlich auf Post-Consumer-Produkte und -Materialien zurückgegriffen. Auch die Marke Re/Done zeichnet sich durch den Upcycling-Ansatz aus, der Bestehendes wiederverwendet, statt neue Ressourcen zu verwenden. Angefangen als Upcycling- Brand, die Deadstock-Pieces anderer Hersteller wie Levi´s ein Update verliehen hat, entwickelt sich das 2014 gegründete Label zu einer lösungsorientierten Anlaufstelle, die das Problem Überproduktion und Landfills modisch adressiert.
Nachhaltige Stoffe zu entwickeln ist ein großes Investment. Das braucht Zeit, Geld und Energie. Aber die derzeitigen Entwicklungen und Innovationen im Denim-Bereich sind dank solcher Changemaker und Unternehmen mehr als vielversprechend.