STAR ARCHITECT HADI TEHERANI

Stararchitekt Hadi Teherani hat jüngst das Frankfurter Hochhaus „The Spin“ und große Teile des „Hafenpark Quartiers“ entworfen. THE FRANKFURTER sprach mit dem Hamburger über Luxus in Zeiten von Nachhaltigkeit, die Schönheit des Iran und weshalb er heute an den Main ziehen würde.

Architekt und Produktdesigner Hadi Teherani (Jg. 1954) ist international tätig – für sein Werk erhielt er 2020 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Seine Entwürfe prägen auch das Frankfurter Stadtbild – etwa der Fernbahnhof am Flughafen oder das „Flare“ in der Innenstadt, wo früher das Rundschau-Gebäude stand. Vielfach geht er über die reine Architektur hinaus und entwirft auch passende Möbel, Leuchten und Armaturen.

Was fasziniert Sie als Architekt an unserer Stadt?

Hadi Teherani: „Frankfurt unterscheidet sich von allen anderen deutschen Städten. Es liegt in der Mitte, ist ein internationaler Drehpunkt. Eine Stadt, die offen ist für Veränderungen. Es kommen immer weitere Hochhäuser hinzu, die die Skyline verändern. Man hat einen ansprechenden Wechsel von der historischen zur neu gebauten Stadt. Der Main, das Ufer und die Altstadt haben einen besonderen Reiz. Auch die Blicke auf die umgebenden Bergzüge.“

„The Spin“ entwickelt sich am Rande des Europaviertels in die Höhe. Was war Ihr Ansatz für den Entwurf?

„Wir wollten nicht nur eine Vertikale entwickeln, sondern etwas Spannendes bieten. Außerdem wollten wir mit der Silhouette die Nutzung erklären. Dort, wo das Hotel endet und die Büros beginnen, wird die Vertikale gebrochen, die Krone gedreht.“

Sie haben auch am „Hafenpark Quartier“ mitgewirkt – mit einem Hotel, den kieselförmigen Zwillingstürmen und den Townhouses. Was war Ihre Idee dabei?

„Der Bauherr wollte Verschiedenes anbieten – ein Hotel, Wohnungen, Luxuswohnungen und Townhouses. Wichtig dabei sind die Blicke auf den Main und auf die Skyline. Wie kann ich dies für 70.000 Quadratmeter Nutzfläche organisieren? Ein Häuserblock, der gleich hoch wäre, versperrt die Panoramen. Daher haben wir das Hotel auf der einen Seite abgekappt. Die beiden Türme haben durch die ovale Form tolle Ausblicke.“

Ihre Wurzeln liegen im Iran. Wie stark beeinflusst die iranische Kultur Ihre Designs?

„Ich bin mit sechs Jahren nach Hamburg gekommen. Ich habe Deutsch gelernt, in Braunschweig studiert und mich immer mehr von der persischen Kultur gelöst. Fast habe ich die Sprache verlernt. Dann folgte ich vor fast zehn Jahren einer Einladung nach Teheran. Da habe ich das Land, sein Potenzial und die Schönheit entdeckt. Das Miteinander, die Gastfreundlichkeit, das hat mich beeindruckt. Iran war ja eine Weltmacht und hat global viel beeinflusst. Viele Dinge, die wir hier in Nordeuropa praktizieren, stammen aus dem Iran. Etwa das Bauen mit Backstein – oder auch nachhaltiges Bauen. Das Land befindet sich allerdings jetzt in einem Zeitfenster, in dem es nicht so glänzen kann.“

Sie haben auch ein Büro in Teheran. Wie schwierig ist es in der aktuellen politischen Lage dort zu bauen?

„Teheran ist ein Hot-Spot an Kunst, Literatur und Architektur. Für unser Büro dort arbeiten 35 sehr begabte Personen. Auch, wenn die Rahmenbedingungen schwierig sind, die Leute leben ja dort. Die Ansprüche für luxuriöses Bauen sind im Iran viel höher. Die kleinsten Wohnungen haben dort 500 Quadratmeter, die größeren bis 2.000. Das betrifft natürlich nur eine Minderheit – und es ist auch eine Flucht aus der Währung.“

Was würden Sie sich für den Iran wünschen?

„Eine Perspektive.“

Sie arbeiten international, entwerfen unterschiedliche Gebäude-Typologien. Wie stark reagieren Ihre Entwürfe auf die jeweilige Kultur – und wie stark setzen Sie Ihre Handschrift durch?

„Wenn ich mir ein Grundstück anschaue, sage ich, der Entwurf ist schon da, man muss ihn nur noch erkennen. Jedes Grundstück hat bestimmte Fragestellungen. Ist es ein Grundstück mit einem tollen Blick auf die Berge, gibt es dort viel Lärm, ist es warm oder kalt, was für Menschen leben hier? Wir versuchen ganzheitlich zu denken. In Indien müssen wir uns beispielsweise mit der metaphysischen Architekturlehre Vastu auseinandersetzen. Wir haben dort eine Villa samt einer unterirdischen Garage entworfen. Dann sagte der Vastu-Guru, es darf nichts unterirdisch sein. Und wir mussten die Garage wegnehmen. Das ist eben eine andere Kultur.“

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema – natürlich auch in der Architektur. Stimmen plädieren dafür, mehr zu reparieren und umzubauen als neuzubauen. Ist denn Luxus überhaupt mit Nachhaltigkeit vereinbar?

„Wenn wir Luxus haben, können wir uns Nachhaltigkeit erst leisten. Europa hat seit 200 Jahren die Welt verpestet und ist dadurch reich geworden. Und jetzt haben wir Geld für Nachhaltigkeit und müssen reparieren. Andere Länder haben nicht diesen Luxus. Sie sind froh, wenn sie was zu essen bekommen. Ihnen kann ich nicht erzählen, dass das Gebäude nachhaltig sein muss. Natürlich ist es eine notwendige Entwicklung. Für mich ist Nachhaltigkeit etwas Selbstverständliches. Ich baue schon seit 30 Jahren nachhaltig. Davon musste ich erstmal die Investoren überzeugen. Dann hat die Gesetzgebung nachgezogen. Und nun liefert die Industrie ihre nachhaltigen Produkte dazu. Ich kann aber auch nachhaltig gestalten. Ein Gebäude, das flexible Grundrisse hat, ist auch noch nach 50 Jahren relevant.“

Sie sind auch bekannt für Ihre Interiors. Was entwerfen Sie lieber: Architektur oder Innenarchitektur?

„Die Folge von Architektur ist Innenarchitektur – und noch einen Schritt weiter Produktdesign. Ich entwerfe meistens von innen nach außen. Jedes Gebäude muss eine Story haben. Dann wird es ein Gebäude mit Herz. Wenn wir die Innenarchitektur mitbetreuen, denken wir bis in jedes Detail, bis in die Fußleiste.“

Sie sagen, Architektur müsse sich verhalten wie ein Maßanzug. Andersherum gefragt: Sie sind ja bekannt für Ihre Anzüge – und haben auch Showrooms für den italienischen Herrenausstatter Kiton gestaltet. Darf man fragen, ob Sie maßschneidern lassen?

„Architekten und Designer zeigen sich gerne im schwarzen Rolli. Zum einen ist das sicher, zum anderen zeigt man damit, dass man der Priester der Gestaltung ist. Für mich kommt das nicht in Frage. Als ich mich selbstständig gemacht habe, habe ich auch Mode entworfen. Meine Modemarke in Köln hieß „Herrenhaus – made by architects“. Und so kam ich an meinen ersten Architektur-Auftrag. Ich habe in meinem Leben bestimmt 150 Anzüge besessen. Die extravagantesten sind sicher meine pinken und orangefarbenen Anzüge, diese lasse ich maßschneidern. Aber ich habe auch viele Anzüge von Kiton.“

Mal ganz der Mensch Hadi Teherani: Welches sind Ihre Lieblingsplätze am Main?

„Immer wieder inspiriert mich der Fernbahnhof am Flughafen, den ich 1995 entworfen habe. Technisch sehr anspruchsvoll. Er hat auch etwas Poetisches – man weiß von der Architektur her, dass man sich am Flughafen befindet. Und wenn ich am Main bin, entdecke ich immer wieder Neues. Mir gefällt der Lebensstil, die Kulturangebote, die Museen, die Restaurants. Ich habe das Gefühl, da könnte ich jetzt hinziehen – das konnte ich vor 20 Jahren nicht sagen.“