Wir schlafen immer unruhiger. Dabei gibt es gute Methoden für erholsamen Schlaf. Neben einer Schlafhygiene spielen auch die individuell angepasste Matratze und angenehme Bettwäsche eine wichtige Rolle. THE FRANKURTER wirft ein Trend-Spotlight auf die gute Nacht.
Ein Drittel unseres Lebens verschlafen wir. Und das ist sogar positiv, sofern wir gut und erholsam schlafen. Schlaf hilft, Gelerntes abzuspeichern und Krankheiten abzuwehren. Gesunder Schlaf kann eine richtige Powerbank sein. Doch immer mehr Menschen schlafen schlecht und zu kurz, besonders in den Industrienationen. Nur rund ein Drittel kosten die acht Stunden aus, die man für einen gesunden Schlaf braucht. Dem DAK-Gesundheitsreport 2020 zufolge, sagt jeder zweite Deutsche, er leide an Schlafproblemen. Grund ist der zunehmende Alltagsstress und auch der Konsum digitaler Medien. „Schlafhygiene ist ein wichtiger Faktor“, erklärt Professor Gernot Rohde, Schlafforscher und Schwerpunktleiter Pneumologie am Universitätsklinikum Frankfurt. Wichtig: Frischluft im Zimmer, nicht mit vollem Bauch ins Bett und eine reizarme Umgebung, die sich gut abdunkeln lässt. „Smartphones, Tablets oder Fernseher gehören nicht ins Schlafzimmer“, so Rohde.
SPACE OF LIFESTYLE
Schlafzimmer werden schon lange nicht mehr nur zum Schlafen genutzt, sondern auch zum Lesen, Relaxen. Und mittlerweile auch mehr und mehr zum Arbeiten – entgegen den Empfehlungen von Medizinern. Selbst Freunde werden hier neuerdings empfangen, denn immer stärker erfüllt der intime Raum auch repräsentative Funktionen. Im Zuge dessen werden Schlafzimmer stilistisch in Einklang mit dem Interior Design der gesamten Wohnung gebracht. Vorteilhaft: Neben den klassischen Bettenherstellern gestalten Design und Lifestylefirmen zunehmend auch Schlafzimmermöbel. Glamour is welcome: Nicht nur das Bett wird durch den Einzug des Boxspringbettes aufgewertet, auch neue beziehungsweise altbekannte Möbeltypen tauchen auf, darunter Schminktische, Sekretäre, Poufs und Daybeds. Auf handgeknüpften, flauschigen Teppichen beginnt und beschließt man den Tag nicht nur wie auf Wolken, sie tragen auch zum Schallschutz bei.
Ob Polsterbetten, minimalistische Holzrahmenkonstruktionen, moderne Himmelbetten oder hohe bis bewegliche Kopfteile: Das Bett ist nach wie vor das Highlight und der Komfort das wichtigste Kriterium beim Kauf: Immer raffinierter werden die Matratzensysteme wie Boxspring, Taschenfederkern, Latex, Kaltschaum bis hin zu Kokosfasern und Rosshaar. Die Matratze sollte entsprechend dem Körperbau, Gewicht, den individuellen Schlafgewohnheiten und Vorlieben ausgesucht werden. Denn nur wer gut gestützt und bequem liegt, kann sich wirklich erholen. Individuelle Beratung findet man dazu im Fachhandel – und weniger in Mitnahme und Discountermärkten. „Eine Matratze für alle gibt es nicht – so wenig wie ein Schuh für alle“, so Bardo Hildmann von Betten Zellekens in Frankfurt. Wenn man bei Hessens größtem Bettenhaus ein Bett kauft, kann man sich Lattenrost und Matratzenkern auch noch im Nachhinein von den Experten zuhause einstellen lassen.
Nur ein paar Meter entfernt vom Zellekens-Flagshipstore auf der Hanauer Landstraße befindet sich der Store des schwedischen Bettenherstellers Hästens, der auf Boxspringbetten spezialisiert ist. Jedes einzelne Bett bei Hästens wird von Hand gefertigt, was bis zu 600 Arbeitsstunden benötigt. „Es kommt auf die Qualität der Materialien an sowie auf die Erfahrung und Leidenschaft, ein solches System zu bauen“, sagt Bernd Kristofic, Geschäftsführer des Hästens Stores. Ein Boxspringbett besteht aus mindestens zwei unterschiedlich miteinander arbeitenden Federkernsystemen, die die Anatomie des Körpers im Schlaf ausgleichen soll, also stützen und nachgeben.
Elegant Essence
Möbel und Accessoires aus handwerklicher Verarbeitung und hochwertige Materialien wie Kaschmir, Leder, Samt, Seide und edle Hölzer vermitteln viel Eleganz. Dieses Schlafzimmer darf ruhig auch Gästen gezeigt werden.
THE FUTURE IS CIRCULAR
Matratzen werden bislang thermisch verwertet. Und angesichts der empfohlenen Nutzungsdauer von acht bis zehn Jahren kommen da wahre „Matratzenberge“ zusammen. Das soll sich laut dem Fachverband Matratzen-Industrie nun ändern. Immer mehr nachhaltige und nachwachsende Rohstoffe, eine nachhaltige Produktion sowie eine Kreislaufwirtschaft wird die Zukunft der Matratzenbranche sein. Etwa Matratzen, die aus einem Monomaterial bestehen, und ebenso Rücknahmesysteme, um Materialien wiederaufzubereiten. Die erste Matratze, die vollkommen zirkulär ist, gibt es bereits: Bei der „Auping Evolve Y“ (Gewinner Red Dot Award 2020) gehen die Taschenfedern nach der Nutzung an ein Stahlrecyclingunternehmen und das Polyester an Textilrecycler. Daneben werden auch neue Geschäftsmodelle diskutiert. Vielleicht noch etwas gewöhnungsbedürftig: Matratzen im Sinne der Sharing Economy ausleihen, anstelle sie dauerhaft zu besitzen. Wenn man bedenkt, dass man sich auch im Hotel eine Matratze mit anderen „teilt“, ist dieser Gedanke dann wieder gar nicht so abwegig.
Crispy Colorurs
Colour Blocking ist das Nonplusultra zeitgeistiger, urbaner Interieurs. Dies lässt sich auch im Schlafzimmer umsetzen, etwa mit Pastell- oder stark leuchtenden Farben. Neu ist das Mix-and-Match-Prinzip, also unterschiedliche Farben für Kissen- und Deckenbezug.
EUCALYPTUS & SWISS PINE
Neben der Recyclingfähigkeit gewinnen Naturmaterialien rund um das Schlafen an Bedeutung. Nachwachsende Rohstoffe begegnen dem Ressourcenproblem, sind gut fürs Klima und auch für das Wohlbefinden. „So rückt Naturkautschuk, auch bekannt als Latex, wieder in den Fokus“, weiß Bardo Hildmann von Betten Zellekens. Aber auch Kokosfasern, Rosshaar und Seegras sind nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch gesundheitsfördernd. In der Gunst steigen ebenso Naturfasern für Matratzenhülle und Bettwäsche. Hier hat man eine große Auswahl, ob Baumwolle, Kapok, Lyocell (Tencel) aus Eukalyptusfasern oder Schurwolle. Und als Bettwaren-Füllung muss es nicht immer Daune sein: Hanf ist eine klimafreundliche Nutzpflanze, kommt beim Anbau ohne Pestizide aus und ist außerdem allergikerfreundlich. Anbieter wie Grüne Erde oder Allnatura geben sogar Lavendelblüten und frische Späne der alpenländischen Zirbelkiefer (Swiss Pine) der Füllung bei, beides bewährte Schlaf-Booster. Zusätzlich können auf das Kopfkissen gesprühte natürliche Kräuteressenzen (Pillow Spray) die Entspannung fördern. Und für jene, die sich nicht von Daunen und Federbettwaren trennen möchten: Ob die Haltung der Gänse und Enten tierfreundlich ist, erkennt man am „Downpass-Siegel“. Das garantiert unter anderem, dass die Daunen und Federn nicht vom lebenden Tier gewonnen wurden.
Dr. med. Bettina Müller, Neurologin, Praxis für Ganzheitliche Neurologie, Frankfurt
Konsequente Schlafhygiene ist wichtig. Dr. med. Bettina Mülller, Neurologin, Praxis für Ganzheitliche Neurologie, Frankfurt
Erste-Hilfe-Tipps bei Schlafstörungen?
„Ruhe bewahren. Eine Nacht mit gefühlt keinem Schlaf kann der Körper kompensieren. Stattdessen sollte man lesen, aufstehen und aufräumen, vielleicht fernsehen. Auch ruhiges Liegen kann Erholung bringen. Eine konsequente Schlafhygiene ist wichtig. Bringt all dies nichts, sollte ärztlicher Rat aufgesucht werden.“
Gibt es wirkungsvolle Alternativen zu Milch mit Honig?
„Milch mit Honig klappt manchmal. Alternativ gibt es pflanzliche und frei verkäufliche Mittel wie Baldrian, Lavendel, Hopfen, Melisse oder Antihistaminika (antiallergische Wirkstoffe). Bei reinen Einschlafstörungen kann schlafanstoßendes Melatonin, das in kleiner Dosis nicht verschreibungspflichtig ist, helfen.“
Lang- oder Kurzschläferin?
„Früher war ich passionierte Langschläferin, heute hat sich mein Schlafrhythmus sehr nach vorne verschoben. Das liegt am Alter, der hohen Arbeitsbelastung und dem Familienleben. Es ist schade, den halben Vormittag zu verschlafen.“
Fancy Flora
Da seit einiger Zeit wieder florale Dessins en vogue sind, findet man hier eine große Auswahl - von zarten Blüten auf weißem Grund bis hin zu expressiven, exotischen Bouquets. Ganz einfach geht das bei Bettwäsche, Gardinen oder einer Husse für das Betthaupt.
Bardo Hildmann, gemeinsam mit seinem Vater Günter Hildmann geschäftsführender Inhaber von Betten Zellekens, Frankfurt
Individuelles Bett dank Messsystem. Bardo Hildmann, gemeinsam mit seinem Vater Günter Hildmann geschäftsführender Inhaber von Bette Zellekens, Frankfurt
Muss Luxus immer eine Boxspring-Matratze sein?
"Das Boxspringbett ist keine neue Erfindung. Früher nannte man es Polsterbett oder Hollywoodbett. Wir definieren Luxus über unser Messsystem, das wir mit dem Ergonomie Institut München entwickelt haben und wodurch wir das Bett individuell einstellen können."
Alle sprechen über Matratzen, doch wie wichtig sind Kissen und Bettdecke?
„Wir empfehlen als Füllung neben tierfreundlich generierter Daune auch gern Kamelhaar oder Kaschmir. Kamelhaar gleicht Temperatur und Feuchtigkeitsunterschiede gut aus. Für Allergiker natürlich eine Klimafaser. Nackenstützkissen unterstützen die natürliche Form der Wirbelsäule.“
Und wie betten Sie sich?
„Meine Lösung ist das Ergebnis unseres Messsystems: Ich schlafe auf einer Kaltschaummatratze mit einer guten Schulterzone, dem Lattenrost ‚Innova‘ und auf einem Nackenkissen aus Latex.“
THIS IS HOW THE WORLD SLEEPS
Japaner schlafen am kürzesten, Mexikaner gern in parkenden Autos und Skandinavier lieben Leinenbettwäsche. Andere Länder, andere Schlafsitten.
Das „Grand lit“, wörtlich „das große Bett“, ist typisch für Frankreich und meint eine durchgehende Doppelmatratze sowie eine dünne Decke mit dünner Oberdecke. Herausforderung: zu zweit den passenden Härtegrad finden. Japaner schlafen mit durchschnittlich sechs Stunden und 22 Minuten am kürzesten. „Inemuri“, der Mittagsschlaf im Büro oder in der Schule, ist ihnen deshalb heilig. Allerdings nur nach Regeln wie ordentlicher Haltung und ohne zu schnarchen. Nachts schläft die Hälfte aller Japaner traditionell auf Futons, das heißt, Matten, die abendlich auf dem Boden ausgerollt werden.
Auch in heißen Ländern wie Mexiko ist der Mittagsschlaf üblich, dort selbst in der Öffentlichkeit, vielerorts sieht man Menschen in ihren geparkten Autos dösen. Auch die US-Amerikaner halten viel von kleinen Nickerchen, „Power Naps“, über den Tag verteilt. Der Trend zum Boxspringbett kommt aus den USA, wo es daher besonders häufig anzutreffen ist. Ganz anders die Schlafgewohnheiten in den skandinavischen Ländern. Hier steht man früh auf, die Mittagspausen sind kurz, damit man den Feierabend genießen kann. Sehr beliebt ist allergieneutrale und hochwertige Leinenbettwäsche.
Pure Nature
Die Kombination aus hellen Naturfarben und natürlichen Materialien macht Skandi-Chic fast schon "zeitlos". Gesund ist er allemal, denn nachhaltige Materialien wie Öko-Baumwolle, Holz. Kokos, reines Leinen, Seegras und Schurwolle sind nicht pestizidbelastet und verströmen einen angenehmen Duft im Raum.