RESTAURANT PANKRATZ

Ein Restaurant auf einem Bauernhof. Die Natur bestimmt jeden Tag aufs Neue das Menü und gekocht wird in einer offenen Küche über offenem Feuer, direkt im Gastraum: Das Pankratz in Mainz. Ein magisch-archaischer Ort, der ein außergewöhnliches kulinarisches Erlebnis bietet, finden unsere Food-Experten.

Der um 1886 gegründete Pankratiushof mitten in Mainz-Hechtsheim ist eine Welt für sich, mit seinen um einen Innenhof angeordneten, im Laufe der Jahre liebevoll renovierten und erweiterten Gebäuden. Seit Mitte der 1990er-Jahre hatten Katja und Peter Klein den ursprünglichen Erzeugerbetrieb Schritt für Schritt in einen sehr erfolgreichen Hofladen für regionale Produkte und Lebensmittel aus eigener Herstellung umgewandelt und aus Katja Kleins Leidenschaft fürs Kochen entstand in der ehemaligen Garage für Traktor und Anhänger, anfangs ohne Heizung oder richtigen Fußboden, ein kleines Restaurant, das im Laufe der Jahre für sein Frühstücks- und Mittagsangebot über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und geschätzt wurde.

TRAINED IN THE TOP GASTRONOMY 

Seit 2019 führt der Sohn der Kleins, der 29-jährige Paul Schmiel, den Familienbetrieb mit inzwischen 45 Mitarbeitenden in der mittlerweile achten Generation und hat mit einer auf dem ehemaligen Heuboden neu eingerichteten Backstube und dem – nach aufwändigen Umbauarbeiten im Juli 2020 neu eröffneten – Restaurant Pankratz (benannt nach dem Hofgründer) die nächste Entwicklungsstufe eingeleitet. Schmiel hatte zuvor mehrere Jahre in der internationalen Spitzengastronomie gelernt und gearbeitet, unter anderem im Clove Club in London und im vegetarischen Fine Dining-Restaurant De Nieuwe Winkel in Nijmegen. Am meisten geprägt haben ihn seine Stationen in den Sternerestaurants Frantzén in Stockholm und Ernst in Berlin, die auch maßgeblichen Einfluss auf das Pankratz-Konzept ausübten.

OVER THE WOOD FIRE

Die Architektur des Restaurants ist schlicht atemberaubend. Moderne, klare Formen und natürliche Materialien prägen das Bild: Sichtbeton, geschliffener Estrich, Sandstein, helles Eichenholz, Kupferblech. In deckenhohen Holzregalen stehen Weckgläser voller haltbar gemachter Lebensmittel, die Teil des Menüs sind. Das Zentrum bildet eine hufeisenförmige Theke, die sich über die beiden Räume des Restaurants erstreckt und im sechs Meter hohen Eingangsbereich, ergänzt durch ein Ensemble aus Sitzbank, Barhockern und Hochtischen, als Bar genutzt wird. Im Gastraum, der durch eine eigens konstruierte Pivot-Tür betreten wird, setzt sich die Bartheke als offene Küche fort, mit einer Handvoll Sitzplätze direkt am Tresen und weiteren Tischen, die ebenfalls alle den Blick auf das Küchenteam und den höhenverstellbaren Grill ermöglichen. Dieser ist nicht nur Teil des stimmungsvollen Ambientes, sondern ein weiteres wesentliches Element des Pankratz-Konzepts: nahezu alles wird über Holzfeuer gegart. "Das ist die ursprünglichste Art und Weise, etwas zu kochen, über offenem Feuer", berichtet Paul Schmiel. "Es ist etwas sehr Handwerkliches und nichts, was einem jemand beibringen könnte. Außerdem ist es ein ständiger Lernprozess: wir lernen wieder neu, Essen zuzubereiten."

Das ist die ursprünglichste Art und Weise, etwas zu kochen, über offenem Feuer. Paul Schmiel, Pankratz, Mainz

THE CULINARY CONCEPT

Ebenfalls besonders ist das kulinarische Konzept des Pankratz, das sich durch Saisonalität, Regionalität, Purismus, Nachhaltigkeit und Handwerk auszeichnet. Angeboten wird dreimal wöchentlich abends ein einheitliches, wechselndes Menü, das von den täglich verfügbaren Produkten aus der Region bestimmt wird, und an vier Tagen zusätzlich Frühstück mit demselben Anspruch an die servierten Lebensmittel. Deren Verarbeitung erfolgt dabei grundsätzlich auf dem Pankratiushof selbst, wie das Backen von Sauerteigbrot und anderen Backwaren in der eigenen Backstube, die Herstellung von Mozzarella, Ricotta, Butter und Sahne, das Räuchern, Reifen und Zerlegen von Fisch und Fleisch sowie das Sammeln, Fermentieren und Einmachen von Gemüse und anderen Pflanzen.

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RESTAURANT WITH A MESSAGE

Auch wenn Nachhaltigkeit durch kurze Transportwege und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung durchaus eine wichtige Rolle spielen, ist Hauptgrund für die Philosophie ein anderer: "Wenn man heutzutage ein Gericht plant, steht einem die Produktpalette der ganzen Welt zur Verfügung. Theoretisch könnte jedes Restaurant auf der Welt gleich kochen. Und da hat mir der Bezug und die Herausforderung gefehlt", stellt Schmiel fest und ergänzt: "Also habe ich angefangen, die Luxusprodukte zu suchen, die wir vor unserer Haustür haben. Wer hat die besten Karotten? Wer hat die besten Zwiebeln? Außerdem war ich aus dem Ernst gewohnt, so zu kochen. Ich hatte gelernt, wie man beispielsweise Lachsforellen reifen und behandeln muss, damit dabei ein ultra qualitatives Stück Fisch rauskommt, ohne dass man lange Transportwege oder dubiose Fangmethoden in Kauf nehmen muss."

Zudem sieht er das Restaurant in einer Botschafterrolle: "Wir wollen das Augenmerk darauf richten, was unsere Region Rheinhessen zu bieten hat und dass hier Produkte wachsen beziehungsweise Weine gemacht werden, die Weltklasse sind." Das Menü entsteht dabei an jedem Tag neu: "Ein Pankratz-Gericht darf nicht zu kompliziert sein, es muss den Geschmack des Grundprodukts auf den Punkt bringen, und es darf keine Zusammenstellung von willkürlichen Dingen sein. Da darf beispielsweise nie eine Karotte zusammen mit einem Chicorée serviert werden, wenn beide keine Verbindung haben und keinen Sinn zusammen ergeben. Jeder Gang muss zudem Tiefe und Sinn haben, wenn man sich als Gast damit näher beschäftigen möchte."

GOOD COOPERATIONS

Weinkarte und Weinbegleitung spiegeln ebenfalls die Philosophie des Pankratz wieder: alle dort vertretenen Winzer:innen arbeiten mindestens biologisch und größtenteils auch naturbelassen, und neben einer feinen Auswahl ausländischer Weine liegt der Schwerpunkt bei Weingütern aus Deutschland und insbesondere aus der unmittelbaren Umgebung des Pankratz. Großen Wert legt das Team zudem auf eine alkoholfreie Alternative, auch weil viele Gäste mit dem Auto anreisen.

Schmiel führt auf seinem Smartphone zwei Listen: eine mit Veränderungen, die unmittelbar angegangen werden sollen, und eine mit langfristigen Plänen. So lässt er beispielsweise gerade in der Pfalz Steakmesser nach eigenen Vorstellungen schmieden und arbeitet mit der Frankfurter Keramikerin Viola Beuscher an neuen Buttertellern. Erst kürzlich wurde zudem ein Pizza-Holzofen im Innenhof fertiggestellt, der nicht nur für gelegentliche Bistro-Abende genutzt werden soll: "Wir werden ab Sommer 2023, wenn es heiß ist, komplett draußen kochen. Das wird sportlich, weil die Küche dort extrem klein ist, aber es macht unglaublich viel Spaß. Mit dem 600 Grad heißen Holzfeuer dort muss man außerdem ganz anders arbeiten", ist Schmiel voller Vorfreude.