Einst Adeligen und Herrscher:innen vorbehalten, haftete Kaviar lange ein elitäres Image an. Das hat sich längst relativiert, die kostbaren Körner sind bei Kenner:innen aller Klassen beliebter denn je. Denn Kaviar unterschiedlichster Sorten stammt heute aus Aquakulturen, ein großer Teil davon aus der Kaviarmanufaktur Desietra in Osthessen.
FULDA CAVIAR
Ist die hessische Barockstadt vorrangig als Bischofssitz und Perle der Rhön bekannt, sind es längst auch die kostbaren Kaviarperlen von „Desietra“, die Fulda bei Gourmets landauf, landab berühmt machen. Vor den Toren der Stadt hat sich der Kaviarproduzent als eine der führenden Manufakturen für Störzucht und Kaviarproduktion in Aquakultur etabliert.
In der Mitte Deutschlands gelegen, züchtet Desietra – zusammengesetzt aus Deutschland und der beliebtesten Kaviarsorte Osietra – seit knapp 20 Jahren Störe. Das Team dort leistet Pionierarbeit in der Aufzucht von Stören in Aquakulturen und wirtschaftet nach ökologisch-nachhaltigen Prinzipien. Auf einer Fläche von 7.500 Quadratmetern wächst in Fulda ein Störbestand von mehreren Tonnen – überwiegend sibirischer und russischer Stör – in den von eigenen Quellen gespeisten Süßwasserbecken seiner Reife entgegen. Der Kaviar aus Osthessen ist weltweit begehrt und geht an Gastronomie, Handel, Flug- und Kreuzfahrtlinien sowie an Feinschmecker im Direktverkauf. Könnte man also einen Stör fragen, wo seine Heimat ist, dann würde der größte Teil der Fische in Deutschland eine eindeutige Antwort geben: in Fulda. Folgerichtig wird auch im ersten Haus am Platze Fulda-Kaviar serviert. Küchenchef Matthias Klein-Arndt vom Romantik Hotel Goldener Karpfen krönt seine Kreationen – allen voran das legendäre Rindertatar - gern mit Fulda-Kaviar. Ebenso hält es Chef de Cuisine Udo Grigas im Frankfurter Restaurant Le Petit Royal. Gerichten wie Beef Tatar oder gebratenen Jakobsmuscheln gibt er mit Kaviar den letzten Schliff. Als Beilagen zur „Kaviar Selection“ arrangiert er gegrilltes Weißbrot, Schalottenwürfel, Crème Fraîche, Schnittlauch und gehacktes Ei.
RARE EGGS
Kaviar ist der Rogen der Störe, also die reifen Eier der Weibchen, die umgangssprachlich nicht ganz korrekt Kaviar genannt werden. Denn erst nach Säuberung und Zugabe von Salz spricht man von Kaviar. Fangfrischer unbehandelter Störrogen ist hell und glasig, und wird erst durch die Behandlung mit Salz dunkel. Salzen – ein Vorgang der auch als „Malossol“ oder „leichtes Salzen“ bekannt ist –macht Kaviar haltbarer. Wobei hochwertiger Kaviar gerade so viel gesalzen wird, wie es für eine begrenzte Haltbarkeit notwendig ist. Er ist daher selten tiefschwarz. Aufgeräumt werden muss auch mit dem Irrglauben – oder Vorurteil – Kaviar schmecke nach Fisch. Tut er nicht.
GOLDEN TSAR CAVIAR
Die mengenmäßig drei wichtigsten Kaviar-Sorten bei Desietra sind Osietra, Baerii und Transmontanus. Den knackigen Osietra vom russischen Stör zeichnet eine Korngröße von über 2,8 Millimeter aus. Der würzig schmeckende Sevruga wird vom Sternhausen-Stör gewonnen, seine Körner haben eine Größe von zwei bis 2,5 Millimetern. Der teuerste Kaviar kommt vom größten Stör, dem Beluga. Seine hellgrauen, weichen Körner mit einem Durchmesser von 3,5 Millimetern sind dünnschalig. Auch sie zerschmelzen auf der Zunge. Die Ladenpreise liegen je nach Sorte zwischen 2.000 und bis zu 5.000 Euro pro Kilo. Das exklusivste Produkt der Fuldaer, der goldene „Zaren-Kaviar“, stammt von Albino-Stören. Er ist extrem rar und war einst den Herrscherhäusern in Russland und Persien vorbehalten.
CAVIAR HARMONISES WITH COFFEE
Trotz ausgeklügelter Aufzucht ist Kaviar noch immer ein knappes Gut. „Wir können nicht Masse machen, wir sind eine Manufaktur“, betont Olga Kunst. Die Geschäftsführerin von Desietra steht für den Anspruch „einen einzigartigen Kaviar in artgerechter, nachhaltiger und umweltfreundlicher Art zu produzieren“. Dass dies gelingt, bestätigt Peter Niemann gern. „Die Qualität ist absolute Spitzenklasse“, ist der Gastgeber vom Hotel Schloss Hohenhaus in Nordhessen überzeugt. Mit einem grünen Michelin-Stern für das nachhaltige Farm-to-Table-Konzept seines Hotels geadelt, bittet Küchendirektor Niemann zwei Mal jährlich zu Kaviar-Wochenenden in das inmitten von Wald, Feldern und Wiesen gelegene Boutiquehotel. Vom Welcome Dinner über die Gala bis zum Kaviar-Frühstück dreht sich alles ums „Schwarze Gold“ und dessen Vielseitigkeit. Dabei dürfen Gäste schmecken, dass sich Röstaromen von Kaffee hervorragend mit der dezenten Salzigkeit von Kaviar zu einem köstlichen Dessert verbinden. Damit nicht genug. Peter Niemann begeistert sich auch fürs saftige, weiße Störfleisch, das ihn in der Konsistenz an Kabeljau erinnert: „Ein wunderbares Produkt, das sich zum Marinieren, Räuchern, Dämpfen, Braten und Grillen auf Holzkohle eignet.“ Da der Stör nur eine Rückengräte besitzt, sind lästige Gräten kein Thema.
BORN AND CULTIVATED IN HESSE
Die Zeit von Kaviar aus Wildfang war vor 25 Jahren vorbei, seit die vom Aussterben bedrohten Störe unter dem Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens stehen, und im Jahr 2006 der Handel mit Kaviar aus Wildfang weltweit verboten wurde. Seither stammen Störe und Kaviar ausschließlich aus hochprofessionellen Aquakulturen wie Desietra, die sich höchster Qualität verschrieben haben. Als einer der wenigen Anbieter weltweit schöpft die Fuldaer Manufaktur aus eigener Nachzucht und begleitet den Stör auf seinem kompletten Lebensweg. „Vom Schlüpfen über die Aufzucht bis hin zum fertigen Kaviar liegt alles in unserer Hand“, betonen die Fachleute von Desietra. Dadurch sei es möglich, die Zucht von Stören und die Produktion von Kaviar auf ein nie dagewesenes Niveau zu heben. Das Ergebnis überzeugt.
THE OLDER, THE MORE VALUABLE
Die Störzucht verlangt Geduld. Während andere Fischarten jährlich laichen, lässt sich der Stör so schnell nicht stören. Je älter ein Stör wird, desto wertvoller, größer und geschmacksintensiver ist sein Kaviar-Korn. Das Wachstum der Tiere und damit ihre Reife variiert je nach Art. Die Störe brauchen etwa 15 bis 25 Jahre bis zur Geschlechtsreife. Der Lebenszyklus der Störe lässt sich in der Zucht nicht beschleunigen. Entsprechend viel Kapital ist in der Kaviarproduktion gebunden.
Doch Kaviar ist nicht gleich Kaviar, je nach Störart und Haltungsform und Aufzucht können sich Farbe, Körnung und Cremigkeit des Rogens erheblich unterscheiden. Jede Sorte hat ihren eigenen, unverwechselbaren Geschmack. Sie unterscheiden sich in Korngröße, Textur, in der Festigkeit der Schale, ihrer Farbe und im Geschmack. „Unser Kaviar hat eine wunderbar körnige Textur, nicht zu weich und nicht zu hart. Man schmeckt jedes einzelne Korn auf der Zunge“, schwärmt Olga Kunst. Dank der hochwertigen Kombination aus Eiweiß und Omega-3 Fettsäuren schmelzen die kostbaren Perlen im Mund.
„MERCEDES AMONG THE CAVIARS“
Bei Desietra empfiehlt man, Kaviar pur und unverfälscht, vielleicht mit etwas Schmand, zu genießen. Würzigere Sorten wie der „Desietra BAERII“ lassen sich hervorragend mit neutralen Beilagen kombinieren. Als Getränke haben sich traditionell trockene Weißweine wie Chablis, Champagner oder süffiger spanischer Cava bewährt. Immer gilt auch die Empfehlung: „Zehn Gramm sind gut, 50 Gramm und mehr sind besser!“ Ein Anruf in Fulda genügt und der „Mercedes unter den Kaviars“ ist auf den Weg gebracht.