ONE FOR ALL

Mit dem Hybridturm ONE im Europaviertel hat das Büro Meurer Architekten eine markante Landmarke in der Skyline-Landschaft Frankfurts geschaffen. Und wie kein anderes, öffnet sich das Hochhaus dem allgemeinen Publikum. THE FRANKFURTER sprach mit den Architekten Thomas Meurer und Magnus Jakob.

Manch einer sieht in der Silhouette des neuen Hochhauses ONE, das sich nun in unmittelbarer Nähe zum Messeturm und der Skyline Plaza Frankfurt erhebt, eine Eins – dem Namen entsprechend. Doch das war nicht die Absicht, so Architekt Thomas Meurer. Die besondere Form mit der Auskragung im 34. Geschoss entstand, um das Baufeld auszunutzen und dabei auch auf die umgebenden Gebäude Bezug zu nehmen. So entstand ein prismenförmiges Gebäude auf dem Grundriss eines Trapezes, das mit der Geometrie spielt und damit dem ONE eine außerordentlich markante Form verleiht. Als eines von vielen neuen Hochhäusern in der Stadt – neben dem OmniTurm, dem One Forty West, dem Grand Tower, dem Eden oder dem noch im Bau befindlichen Four – steht das ONE vor allem für die öffentliche Nutzung. Untergebracht sind darin ein Hotel, Co-Working-Spaces, Büros, Skybar und im Erdgeschoss eine Bar. Bis auf die Büros kann all das von allen genutzt werden.

HYBRID TOWERS ARE EN VOGUE

„Wir waren bis in die Zehenspitzen motiviert“, beschreibt Thomas Meurer die Wettbewerbsphase. Selbst im Urlaub in den österreichischen Alpen wurde noch skizziert. Dass das Büro Meurer Architekten aus Frankfurt den Wettbewerb 2014 für sich gewinnen konnte, lag nicht unbedingt auf der Hand, da man bislang nicht als Hochhausarchitekten bekannt war. Dennoch konnte man sich gegen Architekturbüros wie Barkow Leibinger aus Berlin oder Schneider + Schumacher aus Frankfurt durchsetzen. Die Idee, auf diesem Grundstück ein Hochhaus wachsen zu lassen, war nicht neu. Ursprünglich plante man ein Hochhaus vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel. Doch nach 9/11 zerplatzte die Idee – keiner wollte mehr Hochhäuser bauen. Die Zeiten haben sich geändert. Heute sind Hochhäuser – vor allem hybride Türme mit Mehrfachnutzungen – wieder en vogue. In Frankfurt allemal. „Projekte solcher Größenordnung müssen in die richtige Zeit fallen“, so Meurer. Das ONE ist mit seinen 191 Metern das sechsthöchste Hochhaus am Main und damit in Deutschland.

THE ART OF MONEY

Der Bauherr und Projektentwickler CA Immo wollte unbedingt viel Fläche vorab vermieten – was dann auch gelang. Man fand mit dem nhow Hotel einen Mieter, der etwa ein Drittel der gesamten Fläche belegt (1. bis 14. Stock). „The Art of Money“, lautet das Motto des 4-Sterne-Superior Design & Lifestyle Hotels nhow der NH Hotel Group. Das Designkonzept stammt aus der Feder des spanischen Innenarchitekten Rafael de La-Hoz Castanys. Insgesamt 375 Zimmer im Boutique-Charakter mit unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen bietet das nhow. Daneben gibt es auch einen Fitnessbereich. Darüber befinden sich vom 15. bis zum 21. Geschoss die Co-Working-Plätze der Firma Regus respektive Spaces. Von hier aus hat man auch die Möglichkeit, die Dachterrasse zu nutzen. Darüber wiederum liegen Büros – etwa Anwaltskanzleien, eine Beratungsfirma und auch die Bank Crédit Agricole. Im 47. Geschoss lädt die NFT Skybar & Restaurant (betrieben durch das nhow Hotel) mit einem umlaufenden Balkon ein, die sagenhafte Aussicht zu genießen. Die Lobby kann sowohl von den Mitarbeitenden, den Hotelgästen sowie externen Gästen genutzt werden – hier locken ein Café, die Bar „Gold“ und Loungemöglichkeiten. Nur zehn Etagen im ONE sind bislang noch nicht belegt.

STRIKING CANTILEVER

Besonders stolz sind Thomas Meurer und sein Kollege Magnus Jakob auf die von Lisenen geprägte Fassade und die sich daraus ergebende flexible Nutzung. Es gibt ein statisches System fürs ganze Haus. Raster und Stützabstände wurden so gewählt, dass sie sowohl für das Hotel als auch die Büros passen. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, denn „Hotelbetreiber haben ganz genaue Vorstellungen“. Der Vorteil daran: Wenn später die Nutzung des Hotels aufgegeben würde, kann man alles zurückbauen und dort Büros unterbringen. Das ONE sei „eines für alle“, erklärt Meurer. Es sei eine besondere Herausforderung, ein Hochhaus zu bauen, so Meurer und Jakob; „Plötzlich hat man es etwa mit Wind- oder Radargutachtern zu tun.“ Auch die Aufzugstechnik sei speziell. Besonders stolz ist man natürlich auf die markante Auskragung im 34. Stock, die acht Meter vorspringt. Sie wird durch untenliegende Wandscheiben abgestützt. Insbesondere für das Gerüst musste die Firma Hochtief alle Register ziehen. „Dort oben waren nur mutige ‚Apachen‘ unterwegs“, vermutet Meurer augenzwinkernd. Die Auskragung bezieht sich außerdem auf die benachbarten Hochhäuser Kastor und Pollux. Nebenan gibt es noch ein Annexgebäude mit 470 Park- und 600 Fahrradstellplätzen.

COMPLETELY DIGITALIZED

Auch auf Nachhaltigkeit wurde Wert gelegt. Das ONE ist mit dem höchsten Platin-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ausgezeichnet. Hierbei gehe es nicht nur um Ökologie, sondern auch um Ökonomie und Social Governance, betont Meurer. Als nachhaltig hebt er die Flexibilität des ONE hervor. Das Hochhaus unterschreite die Vorgaben der aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) um fast 37 Prozent. Aber auch der Sonnenschutz sei einmalig – man könne selbst bei heruntergelassenen Jalousien noch nach außen schauen. Das Haus sei zudem komplett digitalisiert. Nähere man sich dem ONE, erkenne es einen via Smartphone und man könne etwa schon den Aufzug rufen. Und was mache man nach so einem Riesenprojekt? Meurer und seinem Team geht die Arbeit nicht aus – derzeit arbeite man unter anderem an einem „Groundscraper“, dem neuen Headquarter der Energie Baden-Württemberg (EnBW).