Anna Schwarzer ist Mode- und Beauty-Illustratorin und schafft Bilder voller Anmut und Schönheit. Die Frankfurterin arbeitet für internationale Brands wie Dior und Hugo Boss, zeichnet aber auch bei Live-Events bekannter Labels die anwesenden Gäste. Im Interview mit unserer Fashion-Expertin Alessandra Frank spricht sie über Retro, Freiheit und wie ein Rosengarten sie zur Illustration des THE FRANKFURTER Summer-Topic „More Love“ inspirierte.
Was war zuerst da – Ihr Interesse für Mode und Beauty oder das für Illustrationen?
„Ich erinnere mich, dass das Zeichnen immer ein wichtiger Teil in meinem Leben war. Schon als kleines Kind habe ich sehr gerne gemalt und diese Leidenschaft ist nie verloren gegangen. Mode war allerdings auch sehr früh präsent in meinem Leben. Das Zeichnen fasziniert mich, da es unbegrenzte Möglichkeiten bietet. Die Motivwahl ist komplett frei, als Illustratorin bin ich nicht an die Realität gebunden. Zudem finde ich es spannend, wie sich anhand von Bildwelten Emotionen, Ideen, Meinungen oder gar Weltansichten ausdrücken lassen.“
Ihr Zeichenstil erinnert an Illustrationen der 1950er und 1960er-Jahre – wie ist er entstanden?
„Meine Zeichnungen unterscheide ich grob in unterschiedliche Stile: Tuscheskizzen, Beauty- und Modezeichnungen und meine ‚Fashion Girls‘ mit eher überlangen Proportionen. Den Stil der Tuscheskizzen habe ich erst in den letzten Jahren entwickelt, indem ich den Anspruch hatte, mit möglichst wenigen Strichen eine Pose oder einen Runway-Look darzustellen. Das minimalistische Herangehen und ein sehr schneller Zeichenstrich waren dabei ausschlaggebend. Meine Modezeichnungen haben ihren Ursprung im Studium. Als Übung zum Erfassen von menschlichen Proportionen und um Kleidung zeichnerisch darzustellen, hatten wir damals in jedem Semester einen Kurs, in dem wir uns gegenseitig Modell standen. Wir hatten einen bestimmten Zeitrahmen, um auf unseren großen DIN A2-Blöcken die jeweilige Person zu zeichnen. Da ich am liebsten Frauen zeichne, habe ich irgendwann den Ehrgeiz entwickelt, beim Portraitzeichnen auf ein bestimmtes Niveau zu kommen – denn nur so lassen sich die Besonderheit und Schönheit eines Gesichts oder auch der Look eines tollen Make-ups oder einer Frisur gut darstellen.“
Als Illustratorin bin ich nicht an die Realität gebunden. Anna Schwarzer
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit großen Brands wie Dior oder Hugo Boss? Wie frei und kreativ dürfen Sie da noch sein?
„Das ist ganz unterschiedlich – sowohl vom Ablauf her als auch vom Projekt. Ich freue mich natürlich immer sehr, wenn eine große Marke sich bei mir meldet und eine Zusammenarbeit entsteht. Dennoch gehe ich als Selbstständige auch aktiv auf Kunden zu. Manche Aufträge sind ganz klar umrissen, beispielsweise gibt es oft Projekte, bei denen sich Kund:innen einige meiner Illustrationen als Stilreferenz heraussuchen und es werden klare Vorgaben kommuniziert. Oder ein Kunde, eine Kundin, wünscht sich einige Vorschläge zu einem konkreten Thema. So bin ich bei einigen Aufträgen ziemlich frei im kreativen Prozess und kann die Motive selbst entwickeln – als Vorgabe erhalte ich zum Beispiel nur ein Farbkonzept oder ein Thema.“
Was möchten Sie mit Ihren Illustrationen aussagen beziehungsweise bei Betrachter:innen auslösen?
„Ich möchte etwas Schönes kreieren, etwas Positives, das man sich gern ansieht und, im optimalen Fall, ein gutes Gefühl vermittelt. Manche Motive möchte ich auch mit einem kleinen Augenzwinkern präsentieren und in den Illustrationen kleine Details unterbringen, die in der Realität vielleicht niemals umsetzbar wären. Letzten Endes entscheidet jeder selbst darüber, was er oder sie im fertigen Motiv sieht und wie es interpretiert wird.“
Wie war der Arbeitsprozess bei der Illustration für THE FRANKFURTER?
„Zum aktuellen Heftthema ‚MORE LOVE‘ wollte ich meinen typischen Mix aus Illustration und Mode mit einem leicht verspielten Ansatz einbringen. Ich habe einige Skizzen dazu angefertigt: Ideen rund um eine kleine Fashionshow mit ‚Love‘- Outfits, Skizzen zum Thema Selbstliebe und Selbstwert, ein klassisches Pärchen-Konzept und ein paar Ansätze, die Schmuck und Make-up als Elemente beinhalten. Das Konzept der Fashionshow hat mich am meisten angesprochen, da es perfekt meine Bildsprache widerspiegelt und ein Motiv ist, das man vielleicht nicht erwarten würde. Der Aufbau der Illustration beruht auf einer Idee, die ich letzten Sommer beim Betrachten des blühenden Rosengartens im Hamburger Park ‚Planten un Blomen’ skizziert hatte.
Meine ursprüngliche Skizze zeigt drei Fashion Girls von der Seite, bekleidet mit pink- und rosafarbenen Outfits mit floralen Elementen, die wie Models auf einem Catwalk hintereinander laufen. Die Zeichnung war mir einige Tage zuvor in die Hände gefallen und ich hatte sie an mein Inspirations-Board gepinnt. Der frische und freche Look der Skizze, zusammen mit einigen verspielten ‚Love‘ Outfits, war der passende Ansatz für den Aufmacher.“