GUTES DESIGN: LOKAL GEDACHT, GLOBAL WIRKSAM

WARUM GUTES DESIGN HEUTE LOKAL DENKT – UND GLOBAL WIRKT

Kopenhagen im Juni: Wer sich bei 3daysofdesign durch Hinterhöfe, Showrooms und Designhäuser treiben ließ, merkte schnell, dass die Zukunft des Designs weder rein globalisiert noch nostalgisch regional daherkommt – sondern beides zugleich ist. Local is Global – das neue Design-Credo, das weit über Skandinavien hinaus Kreise zieht.

Denn was bedeutet eigentlich „lokal“ in einer Welt, die durch Lieferketten, digitale Plattformen und transnationale Designstudios eng vernetzt ist? Und wie können Designer:innen heute lokale Identität mit globaler Relevanz verbinden, ohne in Klischees oder Exotismen zu verfallen?

DESIGN AUS KONTEXT – NICHT AUS DER CLOUD

Lokales Design ist nicht gleichzusetzen mit Heimattümelei oder „Regionalstil“. Vielmehr geht es um eine bewusste Verortung: Wo entstehen Produkte, mit welchen Ressourcen, für welche Bedürfnisse? Wer sind die Menschen dahinter? Wie sieht ihre Umgebung aus – geografisch, kulturell, sozial?

Ein Paradebeispiel: die dänische Marke Hay, die auf dem Festival mit der Wiederauflage der „Amanta“-Serie von Mario Bellini punktete – und dabei bewusst neue Materialien aus lokaler Wertschöpfungskette einsetzte. Oder Astep aus Kopenhagen, das mit der „Upglas“-Leuchte auf Recycling-Glas aus Venedig zurückgreift – ein italienisches Material, transformiert in dänischem Kontext.

Hier geht es nicht um Herkunft als Verkaufsargument, sondern um Verantwortung in der Gestaltung. Und darum, Design wieder als das zu sehen, was es ursprünglich war: eine Verbindung von Ressourcen, Umgebung und Gesellschaft.

LOKAL = RESILIENT

Spätestens seit den Lieferketten-Krisen und der Diskussion um nachhaltige Produktion hat „lokal“ eine neue Bedeutung bekommen: Unabhängigkeit, Transparenz, Widerstandsfähigkeit. Lokale Produktion bedeutet oft kürzere Wege, mehr Kontrolle über Qualität und faire Arbeitsbedingungen – und nicht zuletzt: eine andere Haltung zum Produkt.

Was früher als limitierend galt – kleine Manufakturen, begrenzte Verfügbarkeit – wird heute als Qualität erkannt. Das zeigt sich auch in der Rückkehr zu klassischen Handwerksformen, wie etwa dem Holzbiegen bei Artek oder der Ledersattlerei bei Fritz Hansen.

GLOBALE BÜHNE – LOKALES DENKEN

Das Spannungsfeld bleibt: Wie wird aus einem Objekt, das in einem bestimmten lokalen Kontext entsteht, ein global anschlussfähiges Produkt? Die Antwort liegt oft im universellen Zugang über Funktion, Materialität und Reduktion – Prinzipien, die insbesondere dem nordischen Design schon immer innewohnten.

Doch es geht auch um Storytelling: Marken, die ihre lokale Geschichte ehrlich und glaubwürdig erzählen – etwa durch Video-Einblicke in Werkstätten oder Transparenz über Produktionsketten – schaffen emotionale Nähe, selbst auf internationalem Parkett.

FRANKFURT, TAKE NOTES.

Was bedeutet das für Städte wie Frankfurt? Die Lehren aus Kopenhagen zeigen: Lokalität ist eine Haltung. Auch am Main entstehen Produkte, Projekte und Ideen mit starkem Ortsbezug – man denke an Start-ups wie OMC°C mit ihren Mikroklima-Modulen oder die Designszene rund um Offenbachs HfG.

Was fehlt, ist manchmal noch die Bühne, das Narrativ, das diese Projekte in einen global relevanten Kontext hebt. Genau hier liegt die Chance: Frankfurt kann eine Stadt werden, die nicht nur konsumiert, sondern kontextualisiert – die ihre kreativen Kräfte zeigt und mit urbanem, lokal verwurzeltem Design neue Maßstäbe setzt.

FAZIT: LOCAL IS GLOBAL

Wenn Design heute wirklich etwas bewegen will – ökologisch, ästhetisch und gesellschaftlich –, dann braucht es keine Trends, sondern Verortung. Lokales Design ist kein Gegenentwurf zur Globalisierung, sondern eine reflektierte Antwort darauf. Es ist individuell, aber anschlussfähig. Und vor allem: es erzählt Geschichten, die Bestand haben.