LIVING AT THE DOCKS

In direkter Nachbarschaft zur Europäischen Zentralbank entsteht das neue Hafenpark Quartier. Star-Architekt und Designer Hadi Teherani hat dafür elegante Häuser entworfen, die sich durch üppige Grünanlagen und grandiose Panoramen auszeichnen.

YESTERDAY MUD, TODAY A TREND DISTRICT

Als man noch mit Kutschen fuhr, lag die Hanauer Landstraße auf einem Damm, der sich durch die Überschwemmungslandschaft des Mains zog. Mit der Flusskanalisierung und dem Bau des Osthafens Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurde das Gebiet um die Hanauer Landstraße mit Schutt und Schlacke auf eine Höhe von acht Metern über dem bisherigen Niveau gebracht und starke Kaimauern wurden gebaut. Wer hätte damals gedacht, dass hier einmal ein Hot Spot Frankfurts entstehen würde? Zur rasanten Stadtentwicklung des Frankfurter Ostens gehört auch das neue Hafenpark Quartier (HPQ), das aktuell auf dem ehemaligen Honsell-Dreieck in direkter Nachbarschaft zur Europäischen Zentral Bank (EZB) und dem Hafenpark entsteht, der dem Quartier seinen Namen gibt. Auf dem rund 29.000 Quadratmeter großen Areal (das damit viermal so groß ist wie die Neue Altstadt Frankfurts) bekommt das Ostend erneut etwas sehr Imposantes. Wer bald ins Hafenpark Quartier einzieht, kann sich glücklich schätzen, denn die Lage zwischen EZB, Hanauer Landstraße, Honsell- und Osthafenbrücke könnte kaum besser sein: In der Nähe des Stadtzentrums, gut angebunden und direkt am Main, trifft man hier auf eine typisch Frankfurter Mischung aus rauer Lokalkultur, progressiver Kreativklasse und schicker Internationalität. Das architektonische Konzept des Hafenpark Quartiers ist ein Konglomerat aus verschiedenen Nutzungen: Insgesamt 610 Wohnungen, eine Kita, Büros und Einkaufsläden, ein Konferenzhotel sowie ein Boutique-Hotel mit spektakulärer Lage auf dem Molenkopf stehen den zukünftigen Bewohnern und Nutzern zur Verfügung. Das gesamte Quartier soll spätestens bis 2025 fertiggestellt sein.

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INITIAL PLANS

In den 1990er-Jahren, als die Pläne für die städtische Entwicklung Richtung Frankfurts Osten Form annahmen, war dieses Grundstück noch eine innerstädtische Brache innerhalb eines industriellen Hafengebiets. Lange hat man über ein Einkaufszentrum mit Kino nachgedacht - so ähnlich wie das Skyline Plaza an der Messe. Doch als der Eigentümer, die Hamburger B&L Gruppe, 2014 den Bauantrag stellte, wurde dieser abgelehnt. Einerseits war dies eine Reaktion auf den steigenden Wohnungsdruck im Ostend, andererseits sah man sich auch mit einer drohenden Klage der Stadt Offenbach konfrontiert, die das geplante Einkaufszentrum argwöhnisch betrachtete, da es das durch die neue Osthafenbrücke schneller erreichbar sein würde. Kurze Zeit später präsentierten daher Stadt und Bauherrnschaft ein gänzlich neues Konzept mit einer Mischung aus Arbeiten und Wohnen nach den Plänen des Frankfurter Architektur- und Stadtplaner-Büros Albert Speer + Partner.

ELLIPTICAL TWIN TOWERS

Der Kern des neuen Hafenpark Quartiers wird geprägt sein durch die zwei elliptisch geformten Zwillingstürme, an denen man vergebens eine Ecke sucht, sowie den begrünten Plätzen, die sich im Inneren des Quartiers befinden. Nach außen, zu den stark befahrenen Hauptstraßen hin, schottet sich das Quartier ab - zur lauten Hanauer Landstraße durch das neue, 60 Meter hohe Bürohochhaus, zur Honsellstraße durch den "East-Side"-Riegel. Als kluge Entscheidung erwies sich, für die einzelnen Baufelder Architektenwettbewerbe auszuloben, an denen auch internationale Architekturbüros teilnahmen. Am stärksten dürfte die Handschrift Hadi Teheranis das Hafenpark Quartier bestimmen. Aus dem Büro des renommierten Architekten stammen die fünf Wohnbauten "HPQ Living" mit insgesamt 290 Eigentumswohnungen, deren zwei zentral gelegene kieselförmige Zwillingstürme das Gesamtensemble stilistisch prägen. Teherani, der neben dem "HPQ" auch das Frankfurter Hochhaus "The Spin" baut, ist bekannt für einerseits innovative Architektur, was an Projekten wie den "Tanzenden Türmen" in Hamburg oder den Kranhäusern am Kölner Rheinufer auffällt, andererseits hat der Hamburger mit iranischen Wurzeln ein Händchen für luxuriöse Interiors und hochwertige Materialien. Sein Konzept, das die Preisrichter überzeugte, ist maßgeblich davon geleitet, so viel Sonne wie möglich in das Quartier zu bringen und grandiose Ausblicke zu schaffen.

TOWNHOUSE LUXURY AND MAINSTREAM

Jetzt schon ein Meisterwerk der Bauingenieurkunst: Die beiden Kiesel erheben sich durch eine an die Olivetti-Türme in Niederrad erinnernde Auskragung wie schwebend über die Sockelbebauung - die insgesamt 15 Geschosse lagern auf einem massiven Stahlkranz. Im Sockel sind die nicht minder exklusiven elf Townhouses untergebracht. Sie verfügen über viel Platz mit 121 bis 160 Quadratmetern auf zwei bis drei Etagen sowie jeweils einem eigenen Garten. Ebenso wie die Townhouses sind auch die Wohnungen und natürlich die Penthouses darüber mit offenen Grundrissen ausgestattet - die Ausblicke dürften atemberaubend sein - natürlich sind es auch die Preise, die sich ab 10.000 Euro aufwärts pro Quadratmeter bewegen. Das 4-Sterne-"Scandic"-Hotel mit einer 2.000 Quadratmeter großen Konferenzzone, das ebenso von Hadi Teherani gestaltet ist, schließt das Quartier nach Westen zur EZB hin ab. Auf dem Dach des "East Side"-Riegels zur Honsellstraße hin befindet sich eine Rooftop-Terrasse - allerdings ausschließlich für die Bewohner. Doch nicht nur High End-Luxus ist in diesem neuen Quartier anzutreffen, darauf hat die Stadt zusammen mit der B&L Gruppe Wert gelegt: Bereits auf dem Markt und zu 80 Prozent vermietet sind die beiden Häuserzeilen "Max & Sophie" auf der gegenüberliegenden Seite der Honsellstraße von prasch buken partner architekten, in denen auch mietpreisgedämpfte Wohnungen angeboten werden. Die interessanten blauen Verglasungen der Balkone sind eine Auflage der Behörde, da diese die Geräuschkulisse des nahegelegenen Hafenparks abhalten sollen. Zur Hanauer Landstraße hin, im nördlichen Teil des Hafenpark Quartiers, wird außerdem der Büro-Komplex "HPQ Offices" gebaut, der durch seine Kanten einen spannungsreichen Kontrast zu den weichen, fließenden Formen der HPQ Living-Gebäude bildet - ein typischer Entwurf des Frankfurter Architekturbüros Meixner Schlüter Wendt, die auch schon den neuen Henniger Turm geplant haben.

"WATERFRONT": A RIVERSIDE SOLITAIRE

Eine weitere Landmarke dürfte auf dem Molenkopf entstehen: Auf der Landzunge zwischen Hafenbecken und Main die unter den beiden Brückenköpfen der Honsell- sowie der Osthafenbrücke hervorlugt und die vormals Heimat der Feuerwehr war, soll bis 2022 das 21-geschossige Boutique-Hotel "Waterfront" mit 380 Zimmern entstehen, davon ein Teil als Boarding Rooms. 2019 hat sich das Preisgericht für den Entwurf des Berliner Architekturbüros Barkow Leibinger entschieden - was in der Öffentlichkeit nicht nur auf Gegenliebe stieß. Die Silhouette sei "zu gedrungen" und insgesamt zu wenig gewagt, manche sehnten sich an dieser Stelle nach einer neuen Elbphilharmonie wie in Hamburg. Während vom Main aus gesehen das Hotel wie die Bugspitze eines Schiffes anmutet, wird man von den Brücken aus kommend auf eine bewegte, strukturierte Glasfassade blicken, in der sich Himmel, die City und der Main spiegeln. Man wollte an dieser Stelle, an der schon vor 100 Jahren ein Turm hätte gebaut werden sollen, vermeiden, dass ein spektakulärer Bau in Konkurrenz zur architektonischen Landmark EZB trete, so die Preisrichter.

EASTEND KEEPS MOVING

Interessant dürfte sein, wie sich das Umfeld des Hafenpark Quartiers weiterentwickeln wird. Noch liegt auf dem Osthafen ein Gebietsschutz bis 2050, den die Stadt verankert hat, um den Betrieben wie Getreidemühlen, Recycling-Unternehmen und Baustoffzulieferern Planungssicherheit zu geben. Doch die Diskussion, aus dem Osthafen ein reines Wohn- und Bürogebiet zu machen wie er Westhafen, ist sehr lebendig - und im Grunde bereits weit fortgeschritten, wenn man sich die Entwicklungen der letzten Jahre rund um die Hanauer Landstraße anschaut. Zudem war das dort liegende Raab Karcher-Gelände in den vergangenen Monaten Gegenstand erhöhter Aufmerksamkeit: Investoren und auch die Frankfurter CDU machen sich stark für einen Neubau der Städtischen Bühnen an diesem Standort. Die Diskussion dürfte sich aber mit der neuen Allianz im Römer abflauen. So wird es in dieser Gegend auch noch nach Fertigstellung des Hafenpark Quartiers Entwicklungspotenzial geben.