JEWELLERY 'N' COSY

Die große Maisonette­-Wohnung im Westend hat etwas von einem Adlerhorst: weite Sicht, Rundum-­Balkon und innen stil­voll-exzentrischer Nestbau. THE FRANKFURTER auf Hausbe­such in einem „Eagle’s Nest“.

Lage und Schnitt waren zwar großartig, aber das Wohn­juwel war zu clean, zu sehr Office-­Look, fand der neue Bewohner. Kurzerhand füllte er die hochwertige Hülle mit routinierter Hand neu auf, so dass ein elegantes Reich mit facettenreicher DNA entstand. Den Umbau ging er um­fassend an, entschied sich etwa für ein komplett anderes Lichtdesign und hochwertigste Deckenlautsprecher von Bose sowie kunstvolle Tapeten in den Badezimmern und beleuchtete Handläufe an der Treppe ins Obergeschoss. Auch beim Interieur blieb nichts beliebig. Nahezu alles, von den Teppichen bis hin zu den asiatisch inspirierten Kerzen­ständern, wurde vom Bewohner, der als Interior Designer und Konzept­ und Werbekampagnenentwickler internatio­nal tätig ist, selbst entworfen.

Hier ist alles emotional aufgeladen, ein Spiegel meines Wesens.

MY COSMOS

„Ich habe vorher in einer Suite in einem Frankfurter Fünf­-Sterne­-Hotel gewohnt, war also ohne eigenen Haus­halt, Geschirr und Küche“, erzählt der Kreative. Erst während des Lockdowns sei das zum Problem geworden, hatten doch die Restaurants, sonst seine täglichen Spots, geschlossen. Auch berufliche Treffen, die er am liebsten bei einem Essen im Restaurant machte, waren nicht mehr in gewohnter Weise möglich. Seine Lösung hieß, sich ein komfortables Zuhause einzurichten, das zugleich gastlich ist für andere. Mehr noch: „Diese Wohnung ist ein Spiegel­bild meines Kosmos, das heißt, was ich arbeite, wie ich denke und fühle, findet hier Ausdruck. Und was ich verkau­fe, muss ich auch selbst leben, das ist meine Philosophie. Präsentationen oder die Besprechung einer Kampagne für ein Sternerestaurant etwa ist bei mir immer Teil von einem gemeinsamen Essen, das gehört zu meiner Business-­Kul­tur.“ Doch die eigene Küche bleibt bei ihm kalt: „Ich ko­che nie, auch privat nicht.“ Stattdessen verwöhnt er seine Kunden und sich lieber mit edlem Catering.

OPULENT STAGE

Popcorn trifft auf Mid-­Century modern. Art Déco trifft Afrika und Alt-China. Und, ist da nicht auch ein femininer Hauch von Belle Époque im Kokon und voll verglasten Ad­lerhorst? Das Interieur der 200 Quadratmeter­-Wohnung lässt sich nur schwer in die üblichen Kategorien brin­gen, was auch dem Naturell des Bewohners entspricht. Vielmehr ist es so, als seien die Kulissen eines Fünfakters gleichzeitig auf die Bühne geschoben worden. „Backstage“, über die schmale Treppe zugänglich, hinter einer Tür, der absolut private Bereich. „Die Wohnung hat nur dieses eine Schlafzimmer oben, womit sie für eine Familie nicht geeig­net wäre.“

SO MUCH LIGHT!

Zwei Gäste-­Badezimmer gibt es. Statt Fliesen sind hier, wie auch im privaten Duschbereich, wasch­ und scheuerbe­ständige Tapeten an den Wänden. Das ist Trend und bringt eine gewisse Extravaganz dorthin, wo man sie sonst kaum in Wohnungen antrifft. Apropos Wände. Innenwände im herkömmlichen Sinne sucht man in diesem repräsentati­ven Zuhause vergeblich. Entweder sind diese verglast oder verspiegelt, was zusätzliche Weite und Helligkeit schafft. Wesentlich sind die bodentiefen Fenster, die sich zur Seite schieben lassen und vor allem im Sommer das Gefühl, in einer riesigen Loggia zu wohnen, verstärken. In dieser insgesamt luftigen Weite haben auch die vom Hausherrn sorgsam arrangierten Stillleben genug Platz für ihre deko­rativen Auftritte, etwa im Regal die Sammlung verspielter Kaffeetassen und Trinkgläser in Kristallblau oder im Wohn­zimmer einige eindrucksvolle Trockenpflanzengestecke.

EASIER GOODBYE

Gibt es ein Möbelstück, das ihm besonders am Herzen liegt, frage ich noch, bequem versunken in einem mit Christian Lacroix-­Möbelstoff bezogenen Sessel. Wie so vieles unter diesem Dach ist das gemütliche Sitzmöbel in einer schönen Halbedelsteinfarbe. Die Antwort ist typisch für Kreative, die alles aufsaugen und ständig transfor­mieren: „Ganz ehrlich, würde es hier brennen, ich würde alles hinter mir lassen, nichts retten wollen, das meiste ist mir nicht wichtig genug.“ Nichts festhalten, das Neue wartet irgendwann. Nester kommen, Nester gehen. Der Adler fliegt weiter.

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