IT'S CERAMIC, BABY!

Keramik ist Tableware-Trend! Gehobene Restaurants, gemütliche Cafés - alle setzen sie auf den lässigeren Chic der Schalen, Tassen und Teller, die aus einem der ältesten Werkstoffe der Welt gefertigt werden. Und auch Zuhause sieht man die hygge-tauglichen Gebrauchskunstwerke immer häufiger. Einiges wird in Frankfurt entworfen.

CONNECTED TO NATURE

"Wir nennen es die kulinarische Revolution: Die Menschen und Restaurants, die unser Geschirr verwenden, haben ihre Gewohnheiten bei der Produktion und Zubereitung von Lebensmitteln verändert, sich mehr auf lokale Zutaten konzentriert und ein kulinarisches Bewusstsein verbreitet", sagt Jérôme Alsoufi, der gemeinsam mit Isabella Zeiß Gründer von Hartmud Studio ist. Lokale Tradition werde so wieder bewahrt, alte Techniken wiederentdeckt, und vergessene Sorten angebaut. Und weiter: "Als Teil einer Generation, die mit dem Mythos aufgewachsen ist, dass akademische Arbeit wertvoller ist als Handwerk, mussten wir einen tiefen Glaubenswandel durchmachen, um unsere Berufung zu finden. Wir tauschten die sauberen Büroarbeitsplätze gegen die Steinzeugmasse. Es ist die vulkanische Hitze im Brennofen, die unsere Werke härtet, nicht ein Algorithmus, der unser Leben glättet. Unerbittliche Stunden an der Töpferscheibe und wunde Hände haben uns Demut gelehrt; und der Geruch von feuchtem Ton ist unsere Belohnung für die Selbstständigkeit. Wir sind Töpfer und dankbar dafür, Teil einer dreizehntausend Jahre alten Berufslinie zu sein." Beeindruckende Worte voller Leidenschaft.

2016 wurde das deutsche Kunstkollektiv in Frankfurt gegründet. Seitdem schaffen Jérôme Alsoufi und Isabella Zeiß seltenes und wunderschönes High-End-Keramikgeschirr. Produziert wird im Vogelsberg - ausschließlich kleine Chargen und limitierte Auflagen und Hochtemperatur-Steinzeug-Keramik. Der Showroom befindet sich im Osten Frankfurts. Zum Kundenkreis von Hartmud gehören unter anderem Craft-Coffee-Häuser, Boutique-Restaurants und Concept Stores. In Frankfurt findet man das Hartmud Geschirr bei Hoppenworth & Ploch, bei Trinitii, in der Kaffeemacherei, und in der Hudson Yardsbar im Hilton Hotel Frankfurt.

FROM BELGIUM TO DARMSTADT

Auch im Darmstädter Restaurant OX wird Wert auf die Symbiose von Speisen und Geschirr gelegt. "Keramik hat was Natürliches und das passt zu unserer Philosophie", sagt David Rink, Geschäftsführer und Koch des Fine Dining Restaurants. "Viele Gerichte werden in ihrer Farbe und Textur untermalt und man kann bewusst die Produkte in Szene setzen." Dabei kommt auch Porzellan noch zum Einsatz, vorzugsweise für eher klassische Gerichte. Im November 2019 hat Rink das Restaurant gemeinsam mit seinem Bruder Norman eröffnet. Schnell wurden aus Gästen Stammgäste, eine Fangemeinde in der Rhein-Main-Region entstand. Zur Zeit werden Fünf- bis Sieben-Gänge-Menüs, Interpretation einer frankophil-iberischen wie international gehobenen Küche, angeboten. Zusätzlich gibt es eine vegetarische sowie eine pescetarische Menü-Variante. Alles selbstverständlich aus ausschließlich hochwertigen Produkten.

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Die von den Rinks verwendete Keramik stammt von Serax. Das Unternehmen mit Ursprung in Belgien ist bekannt für seine internationalen Zusammenarbeiten mit wechselnden Künstlern, darunter auch der Koch Yotam Ottolenghi und die Modedesignerin Ann Demeulemeester. Serax ist das gemeinsame Projekt der Brüder Serge und Axel Van Den Bossche. Im Laufe der letzten dreißig Jahre hat sich der Kleinbetrieb, der 1986 in einer Garage begonnen hat, zu einem multinationalen Unternehmen mit über 65 Mitarbeitern und einer Hauptniederlassung in Antwerpen entwickelt. Heute wird das Unternehmen von Axel Van Den Bossche geleitet. Schwerpunkt sind Wohnaccessoires und Keramik. Doch David und Norman Rink vom OX Restaurant peilen auch die Zusammenarbeit mit kleinen Töpfereien an. Gerade planen sie eine Kooperation mit Ingrid Zinkgraf.

MADE IN THE RHINELAND PALATINATE

Die passionierte Künstlerin lebt und arbeitet in Leinsweiler an der südlichen Weinstraße. Hier drückt Ingrid Zinkgraf ihre pure Lust am Experiment und die Freude am Tun in ihren abstrakten Objekten und der modernen Malerei genauso aus, wie in der Fertigung der Gebrauchskeramik. Ihr Œuvre reicht von eben dieser traditionellen Gebrauchskeramik bis hin zu außergewöhnlichen Brenntechniken wie Raku und Rauchbrand. Wichtiges Credo für Zinkgraf ist, "die Funktionalität nie aus den Augen zu verlieren". Dabei trifft sie mit ihrem minimalistischen und schnörkellosen Schaffen den Puls der Zeit. Davon überzeugt sind unter anderem auch das Restaurant Intense in Kallstadt sowie das Restaurant Oben in Heidelberg. Ingrid Zinkgraf arbeitet seit 40 Jahren als Keramikerin.

GIRLPOWER

400Seit dreieinhalb Jahren erst töpfert Eva Kim. Im letzten Sommer dann hat sie ihr Studio eröffnet. In ihrem Studio im Danzig am Platz in Frankfurt, dreht sie ihre Werke entweder auf der Töpferscheibe oder modelliert frei Hand. "Dabei ist jedes Teil ein Unikat", sagt Kim. Und weiter: "denn anders als industriell hergestelltes Geschirr, hat handgemachte Keramik immer eine minimale Abweichung in Form und Farbe." Genau diese Imperfektion ist es, die jedes Stück so lebendig macht und ihm den Wert der Einzigartigkeit gibt. Kims handmodellierte Teller nehmen organische Formen an, die Konturen sind fließend. Ihre Glasuren laufen ineinander und die daraus entstehenden Maserungen und Farbspiele erinnern an einen pittoresken Horizont in einer Landschaft oder die Oberfläche eines anderen Planeten. Bislang hat Eva Kim Teetassen für das Emma Metzler Restaurant und Teller für die Greisslerei in Oberursel hergestellt.

Zwar nicht selbst hergestellt, dabei aber liebevoll ausgewählt und inzwischen auch mitdesignt, ist die Keramik, die Anna von Hellberg und Laura Castien unter dem Lable Motel a Miio vertreiben. Beim Familienessen im Urlaub in Portugal verliebten sich die beiden Grafikdesignerinnen in kleine, pastellfarbene Tapas-Schälchen, die dieses wunderbar entspannte portugiesische Lebensgefühl unterstreichen. Schnell wurde die Manufaktur ausfindig gemacht und der Familienurlaub zum Start einer Geschäftsidee. Ausgewählte Stücke machten sich kurz danach auf den Weg nach Deutschland, das Motel a Miio Team verkaufte sie anschließend im Rahmen von Pop-Up Sales in verschiedenen Städten. Mittlerweile haben die kreativen Münchnerinnen eigene Designs kreiert und auf den Markt gebracht, außerdem gibt es einen Onlineshop und 15 Stores in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Motel a Miio möchte die Keramik, die irgendwie bunter und "mädchenhafter" ist als andere, für jeden zugänglich machen, der die schönen Dinge im Leben liebt. Dabei ist es dem Familienbetrieb wichtig, gewissen Grundsätzen treu zu bleiben: Die Ware wird ausschließlich in Portugal produziert, die Designs sind handverlesen und -bemalt.