HANS & VALENTIN REBHOLZ

Das Weingut Ökonomierat Rebholz in Siebeldingen in der Südpfalz gehört zu den absoluten Top-Adressen Deutschlands. Mittlerweile ist mit den Zwillingen Hans und Valentin Rebholz eine Winzergeneration am Start, die sich mehr als je zuvor dem Klimawandel stellen muss. THE FRANKFURTER besuchte die experimentierfreudigen Geschwister.

Erst vor kurzem vom Weinführer Gault Millau als einer von nur zehn Betrieben mit der Höchstbewertung von fünf roten Trauben ausgezeichnet und auch von allen übrigen Weinführern mit der Höchstwertung "Weltklasse" bedacht, haben Hansjörg Rebholz und seine Frau Birgit das Weingut Ökonomierat Rebholz fest an der Spitze – nicht nur des deutschen Weinbaus – etabliert. Nun ist mit ihren Söhnen, den Zwillingen Hans und Valentin Rebholz (Jahrgang 1995), die nächste Generation bereits mitten in der Betriebsübernahme. Eine große Aufgabe, der sich die beiden Jungwinzer mit Mut, Demut, Experimentierfreude und steter Besinnung auf die Familientradition stellen.

NOT JUST A TRADITION, BUT A STYLE

Dass die Übergabe eines Familienunternehmens, zumal eines Spitzenbetriebs, an eine nachfolgende Generation harmonisch vonstattengeht, ist gewiss keine Selbstverständlichkeit. Im Falle des Weinguts Ökonomierat Rebholz dürfte dies nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass alle Beteiligten zu hundert Prozent hinter der Philosophie des Betriebs stehen.

"Wir haben in unserer Familie nicht nur die Tradition, ein Weingut zu sein, sondern unser Weingut hat auch einen Stil, mit dem wir uns identifizieren", erläutert Valentin Rebholz. "Wir leben und arbeiten an einem speziellen, in der Pfalz vielleicht sogar einzigartigen Ort, an dem sich sehr viele verschiedene Bodenarten auf engstem Raum treffen. Wir wollen die Diversität des Weinbergs, also das, was im Wein durch den Boden beeinflusst wird, erhalten und im Keller so wenig Einfluss wie möglich nehmen."

Diese Idee von einem Wein, der puristisch seine Herkunft zeigt, also den Jahrgang und den Boden, auf dem er gewachsen ist, abbildet, geht auf den Urgroßvater von Hans und Valentin Rebholz zurück.

ON GOOD GROUND: THE FORESTER

Der studierte Forstwirt Eduard Rebholz (1889-1966) übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg den elterlichen Weinbau und stellte den damals angesagten künstlich gesüßten Weinen seine Idee von "naturreinen" Weinen entgegen, die mit dem auskommen müssen, was die Natur ihnen von Haus aus mitgibt. Akribisch erforschte und analysierte er, zusammen mit seinem Sohn Hans Rebholz (1920-1978), alle Bereiche der Weinbereitung, vom Klima über die Böden und das Pflanzmaterial, den idealen Lesezeitraum bis hin zur Arbeit im Weinkeller und passte seine Vorgehensweise entsprechend an. Darüber hinaus experimentierte Eduard Rebholz mit Bewässerungsanlagen, erwarb entgegen dem Zeitgeist schwer zu bewirtschaftende Weinbergsparzellen mit niedrigen Erträgen und baute eine der wenigen (und auch heute noch benutzten) Pergola-Anlagen außerhalb Südtirols, bei der sich die Reben an Holzgestellen emporranken und ein Dach bilden. Damit erwarb er nicht nur den Ehrentitel "Ökonomierat", der ihm für sein Lebenswerk und seine Verdienste im Bereich der Landwirtschaft verliehen wurde und heute noch das Weingut ziert, sondern legte auch den Grundstein für den heutigen Erfolg.

Man sagt ja oft, Zwillinge können sich ohne Worte verständigen. Das können Valentin und ich bestätigen. Wir können sehr intuitiv miteinander arbeiten, ohne viele Worte. Hans Rebholz

Dieser ist maßgeblich auf den Vater der Zwillinge, Hansjörg Rebholz, zurückzuführen, der nach dem frühen Tod seines Vaters Hans im Jahre 1978 mit gerade einmal 19 Jahren zusammen mit seiner Mutter die Verantwortung für das Weingut übernehmen musste und es ab Mitte der 1990er-Jahre zusammen mit seiner Frau Birgit national und international ins Rampenlicht katapultierte. All dies in konsequenter Fortführung und Weiterentwicklung der Prinzipien der beiden Generationen davor, was unter anderem die Umstellung auf zunächst biologische und dann auch biodynamische Bewirtschaftung zur Folge hatte.

NOT A BURDEN, BUT AN INCENTIVE

"Dass unser Interesse am Betrieb so groß ist, hat gerade damit zu tun, dass wir gesehen haben, dass unser Vater Wertschätzung für seine Arbeit bekommt", betont Valentin Rebholz. "Ich erinnere mich noch an den Tag, als die Eltern aus Mainz zurückkamen, nachdem unser Vater vom Gault Millau als ‚Winzer des Jahres‘ ausgezeichnet worden war. Das war eine Riesen-Geschichte. Da waren wir sechs oder sieben Jahre alt. Und auf einmal saßen bei uns in der Küche beim Mittagessen zwölf spanische Sommeliers."

MAKING THEIR MARK

Die Zwillinge sind seit 2012 in den Betrieb hineingewachsen, haben dabei immer mehr Verantwortung übernommen und bereits eigene Akzente gesetzt. Unter anderem inspiriert durch die Erfahrungen und Ideen, die sie im Rahmen ihrer Ausbildung bei Spitzen-Weingütern im In- und Ausland wie Wittmann, Fürst, Dönnhoff, Foradori oder Trimbach gesammelt haben, durchleuchten und hinterfragen sie stets alle Bereiche der Weinbereitung.

"Die Experimentierfreude kennen wir seit Kindesbeinen“ erzählt Valentin. „Das dauerhafte Hinterfragen von dem, was man macht. Wir beide legen momentan unseren Fokus extrem auf den Weinberg und probieren wahnsinnig viel aus, in der Reberziehung, der Bodenbewirtschaftung und so weiter." Eines dieser Experimente, ein in einer Tonamphore der legendären italienischen Winzerin Elisabetta Foradori ausgebauter Riesling, war derart überzeugend, dass eines der besten Restaurants der Welt, das El Celler de Can Roca im katalanischen Girona, alle Flaschen davon exklusiv erwarb.

ADAPTING TO CLIMATE CHANGE

Ihre größte Herausforderung sehen die Zwillinge aber nicht in Fragen der Weinstilistik oder der Produktpalette, sondern in der Anpassung an den Klimawandel.

"Die Weinberge in Deutschland sind immer noch, wie vor 40 Jahren, auf schlechtes, wechselhaftes Wetter und viel Feuchtigkeit ausgerichtet. Im Rahmen der Flurbereinigung wurden die Weinberge alle so angelegt, dass Regenwasser, das nicht versickert, möglichst schnell abtransportiert wird – mit einem Kanal, am besten betoniert, durch Rohre in unseren Fluss, die Quaich, und vom Fluss in den Rhein und vom Rhein ins Meer. Wir überlegen viel, wie wir den Betrieb aufstellen können, damit er auch noch in 40-50 Jahren nachhaltig und wirtschaftlich sehr gut funktioniert. Das ist eine große Herausforderung, ein Riesenthema. Wir wollen den Betrieb so umstellen, dass er insgesamt keinen negativen Einfluss auf unser Klima und die Natur hat", sind sich die Urenkel von Ökonomierat Eduard Rebholz einig.

Von der Trockenheit besonders betroffen ist der wahrscheinlich wichtigste Weinberg des Weinguts, der „Birkweiler Kastanienbusch“, eine der berühmtesten und mit 320 Höhenmetern höchsten Einzellagen der Pfalz. "Im Kastanienbusch sind wir dabei, diese Lage so aufzustellen mit unseren Kolleg:innen, mit denen wir eine Gemeinschaft zur Bewässerung bilden, dass wir die Winterniederschläge auffangen und Extremwetterlagen ausgleichen können", hofft Valentin Rebholz.