Sie können fauchen wie ein waidwundes Tier, wild und obszön sein: E-Gitarren. Das Alter macht sie nur reifer. GuitarPoint, Händler für gebrauchte Kult-Gitarren, ist heiße Anlaufstelle für Rockstars, Vintage-Liebhaber:innen und Sammler:innen aus aller Welt – und jetzt umgezogen auf die Hanauer Landstraße. Unser Style-Experte Chris staunte über seltene Sound-Schätze.
Wie Kunstwerke oder Kultobjekte hängen sie an den schwarzen Wänden. Das hat fast etwas Heiliges. Doch nur still und andächtig sind diese Objekte nicht, in den Händen von Könner:innen und unter Strom gesetzt, entfalten sie eine lautstarke Magie. Sie werden lebendig, hämmern Gitarrenriffs und fabulieren jaulende Soli. Simon Gauf, seit über 20 Jahren im Gitarren-Business und CEO von GuitarPoint, führt mich durch die neuen Räumlichkeiten im Frankfurter Ostend. Endlich mehr Platz für die anspruchsvolle Präsentation der Vintage-Gitarren, Bässe und Verstärker, für das Fachsimpeln des jungen Teams mit Kund:innen, für die Werkstatt und – last but noch least – für das Anspielen und spontane Mini-Konzerte von Rockstars und Guitar-Maniacs, die in Frankfurt auf der Suche nach geilen Sammlerstücken sind. Das erste akustische Kennenlernen kann jetzt im coolen „Musikroom“ mit Blick auf die Skyline stattfinden. Der alte Laden in Maintal genoss bereits einen Weltruf in der Musikszene, bekannte Namen haben es nun noch näher am Flughafen und den Konzerthallen. „Eine neue Ära beginnt“, ist sich Simon Gauf sicher.
HIGH PRICED TREASURES
Er zeigt mir die geräumige Werkstatt des Gitarrenbaumeisters Johannes Stuhl, in der man den Gitarren-Veteranen, die man hier an- und verkauft, zu neuer Pracht verhilft, ohne ihre Seele zu rauben. Eine 1953er Gibson Les Paul „Regular“ Goldtop etwa, oder eine 1954er Fender Stratocaster 2-tone Sunburst. Beide bewegen sich im Verkauf im hohen fünfstelligen Eurobereich. „Wir suchen in erster Linie Instrumente im originalen, sehr guten bis exzellenten Zustand in ihrem Originalkoffer“, erklärt Simon. Jedes Instrument wird zunächst zerlegt und sorgfältig gereinigt. Danach werden alle Hardware-Teile und Details fotografiert, um die Originalität der Gitarre und das konkrete Baujahr nachzuweisen. Die Fotografien und die Zertifizierung erhält der Kunde. „Unser Gitarrenbaumeister begutachtet unsere Gitarren und Bässe bevor sie in den Verkauf gehen und nimmt Einstellarbeiten oder Reparaturen vor. Außerdem sind alle Instrumente frisch besaitet, getestet und gespielt.“
Es ist wie im Himmel: umgeben von den kultigsten Gitarren der Welt ... und das jeden Tag. Simon Gauf, GuitarPoint
AROUND THE WORLD
Am neuen Standort ist mehr Platz für die Logistik. Sehr viel wird online verkauft und weltweit verschickt. Vor allem Einzelstücke sind begehrt. Kaum stehen diese auf der Website und im Instagram-Profil von GuitarPoint zum Verkauf, reißen sich Interessenten um sie. Dann geht es oft um Sekunden. Preise von um die 300.000 Euro für eine E-Gitarre aus den 1950er- oder 1960er-Jahren stellen für Enthusiast:innen und Profimusiker:innen kein Hindernis dar. Weniger Seltenes ist schon ab 1.000 Euro zu haben. Simon ist weltweit auf „Trüffelsuche“. Durch seine Erfahrung – er spielt natürlich selbst hervorragend Gitarre – weiß er genau, was gut ist. In Paris, London, Holland, Belgien und auch in den USA findet er die hochbegehrten Schätze. Oft seien es private Erbstücke, erzählt er. Und oft sichtbar in die Jahre gekommen, Lackschäden sind nicht selten. Und Simon reist immer wieder ins Werk des berühmten Instrumentenbauers Gibson in Nashville, um dort neue Gitarren auszusuchen, die dort nach Kundenwunsch gebaut werden.
PROMINENT CUSTOMERS
Dass die Welt der E-Gitarren vor allem eine bunte ist, die Lacke in starken Farben glänzen, überrascht mich. Und klar bin ich neugierig, wer hier kauft. Es ist schließlich kein ganz normaler Musikalienhandel. Die Kundschaft sei gemischt, erfahre ich, „alles, von Sammler:innen über Student:innen bis hin zu sehr bekannten Bühnenakteur:innen. Viele kommen eigens zum Gitarrenkauf nach Frankfurt geflogen oder es sind Prominente, d ie gerade in der Nähe sind oder Konzerte in Frankfurt geben, und den Besuch bei GuitarPoint als Must Visit einplanen.“ Dann fallen einige Namen, die jede:r kennt: Die Ärzte, die Toten Hosen, Peter Maffay, Marc Forster, Herbert Grönemeyer, Rammstein, der Ex-Red Hot Chili Pepper Gitarrist Josh Klinghoffer oder Bluesrock-Legende Joe Bonamassa. „Nicht selten kommt es vor, dass die Künstler:innen im Store spontan Konzerte geben, also die Instrumente voll ausspielen wollen, was uns sehr freut. Doch wir sind für alle Interessenten offen, bei uns kann man ausprobieren, vergleichen oder einfach mal spielen, wir sehen uns als Erlebnisraum“, so Chef Simon Gauf.
GUNS N‘ ROSES ARE WELCOME
Der 42-Jährige hat das spannende Business von der Pike auf gelernt, der Familienvater aus Bad Sodener ist ausgebildeter Musikalienhändler und war, bevor er 2018 zu GuitarPoint kam, unter anderem im Vertrieb für Gibson Gitarren tätig. Unzählige bekannte Gitarrenvirtuosen hat er schon beraten und längst das Lampenfieber ihnen gegenüber verloren, man begegnet sich freundschaftlich. Nur einer könnte seinen Puls so richtig in die Höhe treiben, wenn er in den Store käme: Gaufs Lieblingsmusiker „Slash“ (eigentlich Saul Hudson) von der US-Hard-Rock-Band Guns N‘ Roses. „Den hätte ich wirklich gern mal als Kunden“, träumt er.