GLAMOROUS PALACE - LE BRISTOL PARIS

Le Bristol Paris – das legendäre Palasthotel an der Rue du Faubourg Saint-Honoré ist seit 1925 die ultimative Referenz für das Savoire Vivre der französischen Hauptstadt. Stars, der europäische Adel und Diplomat:innen gingen dort ein und aus, das noble Ambiente diente Kinofilmen als Kulisse. Noch heute ist es eine der ersten Adressen weltweit, verehrt als diskretes Juwel. THE FRANKFURTER-Creative Direktor und Paris-Fan Anna Quandt traf bei ihrem Besuch auch den heimlichen Hoteldirektor – Birmakater Socrates.

Hier also drehte Woody Allen seine Komödie „Midnight in Paris“. Ich verstehe, weshalb sich das Palasthotel Le Bristol – „Palace“ ist in Frankreich eine Elite-Auszeichnung in der Hotellerie – so fabelhaft eignet für Filme, die das romantische Moment zelebrieren und das glamouröse Lebensgefühl in der Stadt der Liebe vermitteln. Das Haus besitzt eine ganz besondere Aura, die mich gleich gefangen nimmt. Es protzt nicht mit Superlativen, sondern lebt die hohe Kunst des leisen französischen Luxus ganz selbstverständlich. Es atmet illustre Historie, man sieht viele echte Antiquitäten und wertvolle Wandteppiche, an der Rezeption stapeln sich Louis Vuitton-Koffer und auch meine Suite beschwört die klassische Eleganz Pariser Apartments. Jedoch wirkt das Grandhotel alles andere als verstaubt. Seine umfassende Erneuerung in den letzten Jahren – quasi pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum – hat das Fünf-Sterne-Superior-Juwel weiter aufblühen lassen. Eine moderne Leichtigkeit ist sehr behutsam eingezogen. Gestärkt wurde dabei der Wert des Hauses als exquisiter Ruhepol inmitten des laufstegähnlichen Treibens an der vornehmen Pariser Prachtmeile Rue du Faubourg Saint-Honoré.

ROLE MODEL ADLON

Wer gern wie ich sehr früh aufsteht, sollte morgens um sieben ein paar Runden im Pool schwimmen und im Bademantel eingekuschelt auf der Dachterrasse den Sonnenaufgang über Sacré-Cœur beobachten, und danach einen – fantastischen – French Toast aufs Zimmer bestellen. Könnte man schöner dieser Stadt „Guten Morgen“ sagen? Das lichtdurchflutete Hallenbad auf dem Hoteldach ist übrigens das berühmteste von ganz Paris, wunderschön im Teakholz-Yacht-Design der 1920er-Jahre gestaltet. Das Redesign des Palasthotels, das zum Luxushotel-Portfolio der Oetker Collection gehört, hat auch am Pool Stil und Charme bewahrt. Doch nicht nur dort oben fällt es leicht, sich die Geschichte dieses prestigeträchtigen Hauses in Erinnerung zu rufen. Sie würde einen Roman füllen. Im Mittelpunkt: Hotelier Hippolyte Jammet, der das Le Bristol auf einem ehemaligen adligen Anwesen erbauen ließ und nach dem reisefreudigen britischen Lord, Kunstfreund und Exzentriker Frederick Hervey, 4. Earl of Bristol, benannte.

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Das Berliner Adlon, in dem der junge Jammet an der Rezeption seinen Feinschliff erhalten hatte, diente ihm dabei als einzig gültiges Vorbild. Höhen und Tiefen prägten sein Leben. Im Schützengraben von Verdun überlebte er einen Gasangriff, was ihn zeitlebens prägen sollte. Das Hotel ersten Ranges florierte rasch und Jammet nahm einen Millionenkredit auf, um weitere acht Etagen zu bauen, die heute zum Hotelgarten hin gehen, der einst den Schwestern der Hoffnung als Kreuzgang ihres Klosters diente. Jammet war ein rastloser Innovator. So ließ er in allen Zimmern den „Mirophare“, seine eigene Erfindung, installieren – einen in alle Richtungen verstellbaren Spiegel mit integrierter Glühbirne – etwas, was heute in Luxusbadezimmern die Regel ist. Auch gab es 1930 bereits eine Klimaanlage, die mit Ammoniakgas funktionierte. Und crazy: Von 1935 (bis 1978!) gab es in allen Zimmern Klosettbrillen, die nach jedem Gast von einer Firma abgeschliffen und neu lackiert wurden!

Durch einen klugen Schachzug erreichte der Direktor, dass „sein“ Le Bristol das einzige Pariser Luxushotel blieb, das bei der Besetzung der Stadt von den Deutschen nicht beschlagnahmt wurde. Das Le Bristol wurde neutrale Zone, die Residenz aller Diplomaten. Versteckt in Zimmer 106 überlebte der jüdische Architekt des Hotels, Leo Lerman, die Schreckenszeit. Hunderte Hotelangestellte wussten um das Geheimnis – und schwiegen mutig.

SUITE DREAMS OF PARIS

Unzählige Prominente und Staatsoberhäupter beherbergte das Luxushotel seit seiner Eröffnung. Gäste, deren Namen die Welt kennt, schätzen auch heute die Diskretion und Zurückhaltung des Hauses. Gut 80 Prozent der Hotelgäste sind aus gutem Grund Stammgäste. In allen Zimmern und Suiten – bis zu 350 Quadratmeter groß – könnten die Wände so manche große und kleine Geschichte erzählen. Etwa „Suite 1925“ auf der obersten Etage, wo an die Tänzerin Josephine Baker erinnert wird. 1975 lud die charismatische Künstlerin, sie war Le Bristol-Stammgast, anlässlich ihres 50-jährigen Bühnenjubiläums hunderte Prominente ins Hotel ein. Im Redesign entstand hier als Hommage eine intime, beruhigende Apartment-Atmosphäre in Creme, Himmelblau, heller Eiche und Puderrosa. Seidenstoffe und Kaschmir sowie Palisander-Möbel in einem Mix aus Louis-XVI und zeitgenössischen Elementen nebst großen Porträtfotografien des Stars machen dieses Refugium mit Blick auf den Eiffelturm zu etwas ganz Besonderem. Drei neue Suiten stehen nach der Wiedereröffnung zur Verfügung. Sie verkörpern perfekt den Geist des Palastes: es sind großzügige Pieds-à-Terre, womit die Franzosen einen luxuriösen Zweitwohnsitz meinen, den man hat, um an den Wochenenden den Trubel der Großstadt zu genießen. Die Frankfurter Innenarchitektin Bergit Gräfin Douglas und ihr Kreativteam, verantwortlich für diesen Traum edler Gemütlichkeit, rundeten das Interieur mit Vorhängen des französischen High End-Labels Manuel Canovas und Kaschmirdecken von Loro Piana ab.

Ja, und dann gibt es dieses geheimnisvolle Zimmer, gleich links neben dem Haupteingang. Die Tür hat keine Nummer, aber eine Katzenklappe! Hier wohnt, so erfahre ich am Concierge-Tisch, Socrates, der amtierende Hotelkater. Wie schon sein pensionierter Vorgänger, Vater Fa-racon, hat der pelzige Philosoph Narrenfreiheit im Le Bristol. Der junge Birmakater (die sanftmütige Rasse wurde traditionell in Frankreich gezüchtet) läuft auf leisen Pfoten Patrouille oder genießt, wie ich später sehe, wie ein König ein Sonnenbad zwischen den Orangenbäumen des herrlichen Hotelgartens (mit 1.200 Quadratmeter ein parkähnliches Areal).

HAUTE GOURMET

Essen und Trinken wie Gott in Frankreich, wie es so schön heißt. Fangen wir beim Weinkeller des Le Bristol an – gefeiert als einer der besten Frankreichs. Weinkeller ist nicht ganz das treffende Wort. Es sind heilige Weinhallen unter der Leitung des langjährigen Chef-Sommeliers Bernard Neveu: Über 100.000 Flaschen, die ältesten aus dem 19. Jahrhundert, 2.500 Positionen, 95 Prozent aus Frankreich. Im Restaurant Epicure, das Flagship des Hotels und ganzer Stolz, welches seit über zehn Jahren drei Michelin-Sterne hält, kann man sich dem riesigen Weinkosmos peu à peu annähern. Der Name passt, denn der antike Philosoph Epikur war nachweislich ein großer Genießer. Der reiche Wein- und Sterne-Himmel hat selbstredend seinen Preis. Nur so viel: Für ein Signature-Menü für zwei Personen sollte man etwas mehr als 1.000 Euro einplanen. Doch bei Sternekoch Éric Fréchon zu speisen, ist für Gourmets wie einen Punkt auf der Bucket List abhaken. Was seinen Ruf ausmacht? Für Fréchon sind Speisen in erster Linie Botschaften. Der geniale Küchenchef hat beispielsweise Brot in die Spitzengastronomie importiert, beziehungsweise das Butterbrot neu erfunden. Unter seiner Ägide wird seit über 20 Jahren „lebendiges, natürliches Brot“ aus Urweizen, der Adel unter den Butterbroten, im Restaurant selbst gebacken. Wie das Korn gemahlen wird und das fertige Brot aus dem Ofen kommt, können die Gäste in den offenen „Bakery“-Küchen ateliers verfolgen. Ein richtiger Kult um das knorrige, aber vorzügliche Landbrot wird hier gemacht.
Éric Fréchon steht auch an der Spitze der mit einem Michelin-Stern gekrönten Brasserie „Le 114 Faubourg“, einem opulenten, zweistöckigen Gebäudeteil, der ursprünglich eine Bank gewesen ist. Will man die Aura des Le Bristol für etwas kleineres Geld genießen, empfehle ich auch die Teatime in der Patisserie „Café Antonia“ im Erdgeschoß, benannt nach Königin Marie Antoinette, deren Porträt aus der Privatsammlung des Hotels über die Gäste wacht. Der Service lässt mich an verschiedenen offenen Teesorten in Keramikschälchen riechen und erkundigt sich nach meinen Sinneseindrücken – „Fête de Paris“ ist die Wahl, der Tee schmeckt nach Champagner.

Abends schaue ich, wie andere Tourist:innen, in der berühmten Hotelbar vorbei, auch sie unverkennbar der Stil des Le Bristol. Der klassische Clubby-Bereich bietet weiche Sofas und Sessel, einen Kamin und originelle Kunstwerke sowie eine Auswahl an Cocktails und Tapas von Meister Fréchon.

GRANDE MADAME LE BRISTOL

Kein Pariser Hotel bietet größere Suiten. Ein Palast ist nun mal ein Palast. Und ein solcher verdient: Blumen! Riesig sind die allgegenwärtigen Blumenbouquets, für die das Hotel mehrere Zehntausend Euro monatlich ausgibt. Ich selbst empfinde den Palast als eine Insel mitten in Paris – eine stilvolle Zeitreise und modernes Saivore Vivre. Hier wird Luxus auf französische Art definiert, überall sind höchst romantische Zutaten verfügbar, ob die private Suite-Sonnenterrasse, die abends den Blick auf den glitzernden Eiffelturm präsentiert, oder der geschützte Innengarten mit Rosen, Magnolien und schattiger Terrassenbestuhlung. Familien sind hier willkommen, ein weiteres Plus. Es gibt ein betreutes Spielareal mit dem Namen „Les Amis d’Hippolyte“, gleich neben dem Wellness- und Sauna-bereich für die Erwachsenen, der über drei Stockwerke alle erdenklichen Treatments offeriert. Es gibt Angebote für Reiki, Meditation, erstklassige Kinesis-Trainingsmaschinen, einen Hamam und das russische Banja. Will man bei all diesen Annehmlichkeiten überhaupt noch die Stadt erkunden? Sagen wir mal so: Le Bristol ist Insel, sicherer Hafen und ein Quell der Erholung. Draußen wartet die laute Welt der Inspirationen – und der oft langen Fußmärsche. Zurück im Hotel empfängt die sanfte Grande Madame Le Bristol den müden Gast wie einen geliebten Freund und verwöhnt ihn als gehöre er schon immer zur Familie. Vielleicht schiebt gerade Socrates pflichtschuldig und allwissend Empfangsdienst in der Lobby. Ignoriert Sie dann der feine Herr im Pelzmantel, wie es nur Rassekatzen können, nehmen Sie es nicht persönlich. Stille Wasser sind tief.