Wie und wohin reisen wir in der Zukunft? Trendforscher sagen voraus, dass wir noch individueller und nachhaltiger urlauben werden, verbunden mit dem Wunsch nach Gesundheit und Sicherheit, authentischen Premium-Erfahrungen und Resonanz. Das heißt, Klasse statt Masse, Achtsamkeitstourismus statt Alpen-Ballermann. THE FRANKFURTER berichtet aus dem Jahr 2023.
Feel free
Der Bergbach rauscht, nur frische Luft, ein grenzenloses Freiheitsgefühl – wir sind auf einer Alm im Salzburger Land aufgewacht. Alles ist ursprünglich und echt. Wir sind hier raufgekommen, um runterzukommen – eine Reise zum Ich, wie sie jetzt die meisten unternehmen. Was verrückte Zeiten liegen hinter uns. Einiges ist nach der Pandemie selbstverständlich und zur Norm geworden: Touchless Service, App-Reservierungen für Museen, Strände und touristische Attraktionen sowie smarte Gästelenkung in Florenz und den anderen Kulturstädten von Old Europe. Social Distancing hat sich auf Reisemuster niedergeschlagen. So haben etwa einsamere Destinationen an Reiz gewonnen, ob die Nationalparks in Kanada, luxuriöse Inseln oder eben die Alm. Im Flugzeug gibt es mehr Abstand zum Sitznachbarn (Business und First Class Flüge waren bereits in der Krise die Gewinner), Kreuzfahrten, einst Boomindustrie, werden nicht mehr nur wegen der Umweltbilanz der turmhohen Schiffe kritisch gesehen, und zur fernen Erinnerung geworden ist der reine Partytourismus in den Skigebieten.
Mindfulness Places
Etablierte Resorts in herrlichen Landschaften und 5-Sterne Spa-Refugien hatten schon vor 2020 erkannt, wie wichtig dem Gast die Nähe zur ursprünglichen Natur in Zukunft sein wird. Das Hotel und seine eindrucksvolle Umgebung als organischer „Kraftplatz“ – dieser Gedanke war zwar nicht ganz neu, erhielt aber mit den strengeren Hygieneregeln eine umfassendere Relevanz. Dauerhafte Vorkehrungen zum Schutz der Gäste wurden getroffen, ohne die Qualität des Aufenthalts zu schmälern. Inzwischen sind beispielsweise nanoseptische Oberflächen, etwa bei Tischen, in vielen Ländern gesetzlich vorgeschrieben. Urlaub im Jahr 2023 heißt vor allem: Regeneration und Gesundheitsprävention für Körper, Geist und Seele. Kaum waren auch Retreats rund um Fitness, Balance und Ernährung wieder überall möglich, lockten verstärkt ganzheitliche High End-Angebote für Individualisten, mal veranstaltet auf einer exklusiven Segelyacht oder im edlen Schweizer Chalet, mal auf dem romantischen Landgut mit Herrenhaus, mal an einem sonst nicht zugänglichen Sehnsuchtsort.
Reisen wird wieder zu einem Luxusgut. Damit zusammen hängt klar der Trend hin zum nachhaltigen Reisen, verbunden mit speziellen, ganz individuellen Erlebnissen. Anne Heussner, primo PR, Frankfurt
Slow Tourism
Der Urlauber ist weiterhin bereit für Abenteuer, dabei stets auf der Suche nach intensiven Erfahrungen und authentischen Erlebnissen mit Menschen und Dingen. Touristen wollen in der Postpandemie mehr denn je „berührt“ werden. Man entscheidet sich für Green Destinations, also Orte und Länder, die sich transparent für die Nutzung nachhaltiger Ressourcen, lokale soziale Projekte und Energieeffizienz einsetzen. Ein Roadtrip mit dem Wohnmobil oder das Wanderzelten gilt als besonders umweltfreundlich und abenteuerlich zugleich. Ein Trip übers Wochenende nach New York oder auf die Kanaren, eine Yoga-Woche in Thailand – alles möglich, aber nicht mehr zeitgemäß. Denn wenn schon reisen mit viel CO2-Ausstoß, dann bleibt man jetzt länger am schönen Ort, schließlich will man eine Stadt oder Kultur richtig kennenlernen. Slow Tourism oder Slow Travelling heißt diese populäre Art des Erlebnisreisens schon seit Jahren und sie meint das verantwortungsvolle und intensive Unterwegssein jenseits des Pauschalurlaubs und im eigenen Tempo, getragen vom Wunsch nach persönlichem Wachstum, das nach dem Slow-Erlebnis weiterwirkt – ganz gleich, ob dieses im Allgäu oder an der Atlantikküste stattfand.
Calm the Party
Die große Zeit der Gruppenreisen ist vorbei. Wer reist, bewegt sich individuell, möglichst mit Familie und Freunden. Nicht zufällig erlebt das eigene Automobil derzeit eine Renaissance. Gesundheit hat sich zur Meta-Anforderung des modernen Lebens entwickelt und auch den Tourismus verändert. Partys? Gibt es. Nur anders als früher. Weniger exzessiv. Alles ist reduzierter, kontrollierter, achtsamer, und selbst in Ischgl gehen die Uhren jetzt anders. Wir dürfen überall hin, aber es gibt neue Spielregeln.
Die Corona-Krise hat fast alle Destinationen in die Knie gezwungen und auch zu einem Umdenken gebracht. Das Leben mit der Natur wird ein großes Thema werden. Hanna Kleber, KPRN network, Frankfurt