Frankfurt wagt Mode! Auch wenn die Premiere der Fashion Week wegen der Covid-19-Situation rein digital stattfindet, tritt sie mit vielen spannenden Impulsen an, um zu einem Taktgeber der Mode- und Textilbranche zu werden. Wie viel Sinneskunst in der Mode anklingt, zeigt das exklusive THE FRANKFURTER-Shooting im Museum Angewandte Kunst, hier begleitet von einem Messe-Kommentar der Modeexpertin Alessandra Frank.
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Frankfurt - mehr als Banken und Grüne Sauce!
Ausstellung: "Aus heutiger Sicht. Diskurse über die Zukunft"
(bis 29. August 2021) im Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main
Ausstellungsgrafik: Jonas Deuter, Anna Sukhova
BERLIN FASHION WEEK – A THING OF THE PAST?
In den vergangenen Jahren mehrten sich die kritischen Stimmen zum Standort Berlin. Immer mehr Designerinnen und Designer zeigten ihre Kollektionen statt an der Spree in Modestädten wie Kopenhagen oder Paris. Auch sind die Klagen darüber, dass die Fashion Week nicht international genug sei und nur von nationalem Interesse, nie wirklich verstummt. Dazu kam, dass sich die Berlin Fashion Week terminlich oft mit den ebenfalls im Juli stattfindenden Haute Couture-Schauen in Paris überschnitt. So orientierten sich viele gar nicht erst nach Berlin, sondern fuhren gleich nach Paris. In der deutschen Hauptstadt sollen zwar künftig nach wie vor viele der Modenschauen stattfinden, doch diese sind wirtschaftlich unwesentlich und allein für die Designerinnen und Designer selber, für Moderedaktionen und Einkäufer relevant. Man kann letztlich nur vermuten, dass Frankfurt attraktivere Konditionen und die Aussicht geboten hat, der Modemesse am hessischen Drehkreuz in die Welt eine Neuerfindung zu ermöglichen.
Es ist die Hoffnung der Organisatoren und der Stadt Frankfurt, die Finanzmetropole auch zu einem neuen Zentrum der internationalen Modeszene werden zu lassen und dadurch nicht zuletzt neue finanzielle Möglichkeiten zu eröffnen.
Photo 1:Iris Klaver dressLocation: Lichtbrücke im Museum Angewandte Kunst
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Photo 2:On the left: Vintage Richard Quinn coat and Vintage Givenchy high heelsOn the right: Charlotte Strindberg coat and Y/Project bootsLocation: Lichtbrücke im Museum Angewandte Kunst
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Photo 3:ellesse jacket, Samuel Gärtner skirt and Dr. Martens shoesLocation: Ausstellungsgrafik von Jonas Deuter und Anna Sukhova in "Aus heutiger Sicht" im Museum Angewandte Kunst
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FASHION IS ALSO POLITICS
Outfit by:
Charlotte Strindberg bodysuit and coat
HAUTE COUTURE MADE IN HESSEN
Frankfurt scheint im Vergleich mit Paris modisches Brachland, bevölkert von Menschen in dunkelblauen Anzügen oder zerrissenen Skinny Jeans und wettertüchtigen Funktionsjacken. Aber war unsere Stadt denn schon immer so von der Mode, von Style und Chic, abgewandt? Werfen wir einen Blick zurück.
Alle Kleider waren von raffinierter Einfachheit, zum Teil aus schwerer reiner Seide, Duchesse, changierendem Taft, Lamé, Brokat.
Mitte der 1970er-Jahre war Schiessers Modehaus das größte in Deutschland und verzeichnete den höchsten Umsatz aller hiesigen Designer. 1998, vier Jahre nach dem Tod der Gründerin, wurde die Firma und damit ein wichtiges Kapitel der Frankfurter Modegeschichte geschlossen. 2013 endete wiederum die Ära des „Frankfurter Modekreises“, dem sich seit seiner Gründung 1985 durch die modeaffine Journalistin Jutta Thomasius nach und nach alle namhaften Frankfurter Courtiers angeschlossen hatten, darunter auch Vertreter der jungen Generation um Elvira Kirsch, Nina Hollein und Cem Abaci. Höhepunkt war eine jährliche Modenschau.
Die Mode ist kurzlebiger geworden als früher und allgemeine Schauen zu teuer, und jeder will eine eigene Schau für sich Jutta Thomasius
FRANKFURT YOUNGSTERS
Noch immer wird in Frankfurt attraktive Mode kreiert. Ein Name, der international mitmischt: die Corporate Fashion-Designerin Simone Plitzko, die weltweit Luxushotels und Kreuzfahrtschiffe mit Arbeitskleidung ausstattet. Zu den erfolgreichen Youngsters gehört der 22-jährige Samuel Gärtner, der 2018 mit seiner ersten Kollektion auf sich aufmerksam machte. Seine Designs sind so entworfen, dass man sie an jeden Körpertyp anpassen kann: „Kleidung sollte nicht zum Verstecken genutzt werden, sondern dabei helfen, sich zu präsentieren.“ Für ihn hat Frankfurt keinen einheitlichen Stil – hier treffen kühle Banker auf junge Hipster. Aber: „Die Stadt ist auf jeden Fall Fashion! Sie hat sich nur noch nicht ganz gefunden – durch die Fashion Week wird sie ihre Kreativität hoffentlich weiter entwickeln können.“ Sonja Zawer-Akerdem gründete 2016 ihr erstes Label „Soniush“ und entwirft heute unter der Marke „The Ataelier“ Oberteile und T-Shirts. Für sie ist Fashion ein Gefühl, das durch unser Umfeld beeinflusst wird – und in Frankfurt ist dies das Zusammenspiel aus Wolkenkratzern und historischen Gebäuden. Beide Designer haben eines gemeinsam: sie wollen explizit in dieser Stadt arbeiten und schätzen an Frankfurt das Aufeinandertreffen unterschiedlichster Stile, Kulturen und Traditionen. Auch für Sevinc Yerli, Gründerin des Labels „Chili Bang Bang“ und Organisatorin der „Frankfurt Fashion Lounge“, bietet die Mainstadt mit ihren 178 Nationalitäten und ihrer Kultur, Vielfalt, Architektur und Wirtschaft keine bessere Basis für Fashion. Wie man sieht, existiert der Wille zu Fashion in Frankfurt also durchaus – und trotzdem sieht das modische Stadtbild in der Regel relativ trist aus. Die Uniformität ist allgegenwärtig, es fehlt die Individualität – es scheint, als wolle niemand anders sein oder auffallen.
Frankfurt ist auf jeden Fall Fashion!
Photo 1:Lili Maras dress, Canada Goose vest, Dr. Martens shoes, Vintage Chanel clutch, secondhand-aschenputtel.deLocation: "In your hands" von Beatrice Bianchini in der Ausstellung "Aus heutiger Sicht" im Museum Angewandte Kunst
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Photo 2:On the left: Charlotte Strindberg bodysuit and coat and Samuel Gärtner vestOn the right: Charlotte Strindberg bodysuit and coatLocation: Ausstellungsgrafik von Jonas Deuter und Anna Sukhova in "Aus heutiger Sicht" im Museum Angewandte Kunst
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Photo 3:Charlotte Strindberg bodysuit and coat
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IF YOU LIKE IT, WEAR IT!
Fashion hat oft auch mit unserem Mut zu tun, uns als starke und durchaus verletzliche Wesen zu zeigen. Natürlich möchte man gut aussehen, doch der Gang in die Stadt, das Stöbern in den Stores und das Ausprobieren von etwas Neuem ist dann vielleicht doch zu anstrengend oder verunsichernd. Die Befürchtung, was andere denken könnten, verurteilt zu werden, Blicke auf sich zu ziehen, macht zusätzlich ein selbstbewusstes modisches Auftreten unmöglich. Wie wäre es da, beim nächsten Mal vor dem Kleiderschrank, zu dem Teil zu greifen, das wir immer schon tragen wollten, aber nie ganz den Anlass oder den Mut dazu gefunden haben? Und wenn wir eine Frau oder einen Mann auf der Straße sehen und begeistert sind davon, was diese Person trägt: Warum nicht unsere Begeisterung mitteilen? Mode lebt im Kern davon, gesehen zu werden. Und wer weiß, vielleicht ist die Frankfurt Fashion Week, ob digital oder nächstes Jahr (geplant Januar 2022) dann hoffentlich auch physisch, der Motivationsschub, den unsere neue Modestadt noch braucht!
Outfit by:Iris Klaver dress |
Ausstellung:"Speicherplatz" von Suska Bastian, Valeria Castaño Moreno in der Ausstellung "Aus heutiger Sicht" im Museum Angewandte Kunst |