EMERGING ARTISTS - CONTEMPORARY ART MADE IN FRANKFURT

Immer mehr Menschen investieren in Kunst. THE FRANKFURTER hat sich in der hiesigen Kunstszene umgesehen und neue aufstrebende und vielversprechende Talente entdeckt, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen. Wir präsentieren Kunstschaffende, die ihren ganz individuellen Stil, ihren künstlerischen Fingerabdruck bereits gefunden haben.

Die ausgewählten Künstler:innen bedienen sich unterschiedlicher Gattungen, um sich auszudrücken und so ihr eigenes Œuvre zu schaffen. Ihnen allen gemein ist eine philosophische Auseinandersetzung mit ihren Themen. Als Ergebnis sehen wir spannende Werke, die von bereits vorhandenen Kunstformen inspiriert wurden, diese jedoch auf sehr moderne Weise brechen und so wiederum ganz eigene Stilrichtungen prägen.

NADJA ADELMANN: PERCEPTION OF PERSPECTIVES

Mit starren und sich bewegenden Objekten untersucht Nadja Adelmann die menschliche Wahrnehmung. Eine schnelle Einordnung, wie man sie in einer schnell getakteten Welt gewohnt ist, leitet sie fehl. Ihre Arbeiten verändern sich entweder selbst durch versteckte Motoren oder scheinen sich zu verändern, während man sich davor bewegt. Auf diese Weise ermöglicht sie spielerisch einen Wechsel zwischen verschiedenen Perspektiven, denn die eigene Wahrnehmung ist eben nicht die einzige. Erst in der Summe verschiedener Wahrnehmungen kann eine Annäherung an die Wahrheit erreicht werden. Den Ausgangspunkt ihrer Arbeiten findet Nadja Adelmann sowohl in faktischem Wissen als auch in subjektiver Wahrnehmung. Sie lässt sich von Texten über Wahrnehmungstheorien, Soziologie, Quantenphysik und Linguistik inspirieren, die auch Assoziation zu eigenen Beobachtungen und Erinnerungen anstoßen. Ihre konzeptuellen Ideen materialisiert sie in sehr reduzierter Sprache mit geometrischen Formen und Materialien, die sich aus den gewünschten Eigenschaften ergeben.

Nadja Adelmann arbeitet in Frankfurt und Stuttgart. Von 2014 bis 2016 studierte sie an der Hochschule für Gestaltung (HFG) in Offenbach. Im Anschluss studierte sie an der Städelschule in Frankfurt und schloss dort ihr Studium im Jahr 2020 als Meisterschülerin bei Professor Tobias Rehberger ab.

RACHEL VON MORGENSTERN: ARTIFICIAL TRANSPARENCY

Auf Rachel von Morgensterns meist großformatigen Bildern zeichnet sich eine Art Fährte ab. Spuren der Bewegung. Rot, Gelb, Blau – reine Farben strahlen vom Bildträger, einem halbtransparenten Polyesterstoff, der stellenweise den Blick auf das Bildinnere zulässt. Die Künstlerin spielt in ihrer Arbeit mit der Wahrnehmung des Raums, indem sie Licht und Transparenz des Stoffes dazu nutzt, Farbe nicht nur oberflächlich, sondern räumlich zu betrachten. Durch Fläche, Form und Linie werden innerhalb der Kompositionen zusätzlich Spannungsverhältnisse erzeugt, die ihren Halt und ihre Struktur in der Stabilität des schweren Keilrahmens finden. Ebendiese Struktur lässt Rachel von Morgensterns Bilder auch als Fenster begreifen, die das Innen nicht vom Außen trennen, sondern den räumlichen Dialog bewusst öffnen. So liegt es nicht fern, dass aus ihrer Malerei heraus figürliche Plastiken und Lichtobjekte entstehen, welche die Leichtigkeit des Bildraums in den Ausstellungsraum projizieren.

Die im südhessischen Bensheim geborene Künstlerin studierte in Offenbach bei Gunter Reski und Adam Jankowski und machte 2015 ihren Abschluss an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Franz Ackermann.

MIRAN YANG: NATURAL ELEMENTS

Die 1984 in Seoul/Südkorea geborene Miran Yang möchte in ihren Arbeiten auch den natürlichen Phänomenen ebenso wie leblosen Objekten – eine gewisse Menschlichkeit verleihen, um sie als Lebewesen zu erkennen und wahrzunehmen. Animismus ist die grundlegende Überzeugung, dass die natürlichen Phänomene und Elemente wie die Sonne, der Mond, die Sterne und die Flüsse sowie die Naturphänomene wie das Feuer, der Wind, der Blitz, der Sturm und die Jahreszeiten belebt sind. Leblose Objekte am Himmel wie Mond, Wolken, Regen, Regenbogen und Wind werden in Miran Yangs Arbeiten auf der Grundlage märchenhafter Fantasien vermenschlicht. In ihren Arbeiten schreibt die Künstlerin diesen Objekten menschliche Eigenschaften zu. So fügen sich verschiedene Elemente des Himmels zu Gesichtern zusammen und leblose Objekte vergießen Tränen. Die Künstlerin möchte so die Dichotomie im Denken überwinden, die Menschen auf der einen und den Rest der Welt auf der anderen Seite sieht. Für Miran Yang ist das Malen ein primitiver Akt, der die Welt des Unbewussten eröffnet. Mit einem Interesse an den Grundelementen in Farbe, Formen und malerischen Ausdrucksformen arbeitet sie in einer authentischen Ausdrucksweise.

Miran Yang ist die erste Stipendiatin des neuen Programms „Come as you are“, das vom Kunstzentrum Atelierfrankfurt am Frankfurter Osthafen und der Anwaltskanzlei Dentons in Kooperation mit der Städelschule im Herbst 2021 zum ersten Mal vergeben wurde. Das Stipendium beinhaltet die kostenfreie, zwölfmonatige Nutzung eines Arbeitsraums im Atelierfrankfurt, einen monatlichen Materialkostenzuschuss sowie eine Ausstellung am Ende des Stipendiums und soll einen Beitrag dazu leisten, dass die ausgezeichneten Künstler:innen in Frankfurt bleiben.

ARTJOM CHEPOVETSKYY: THE PHILOSOPHER

Artjom Chepovetskyys künstlerischer Prozess zeichnet sich durch eine medienübergreifende Auseinandersetzung mit essenziellen Fragen der Malerei aus, die ihn zu einem experimentellen Umgang mit Materialien wie etwa dem transparenten Textil Chiffon führt, mit denen er die Grenzen von Malerei auslotet. In seinen Werken wird das Bild zu einem Objekt, das sich von der klassischen zwei-dimensionalen Malerei löst. Wichtige Inspirationsquellen für seine Bilder findet er im urbanen Raum. Er greift in seinen Werken die brüchige Ästhetik von künstlichen und natürlich entstandenen Spuren, Mustern und Formen auf und überführt diese in die Abstraktion. Dabei beschäftigt er sich in erster Linie mit den Fragen der Übertragung der „äußeren“ Form eines Gegenstandes in einen neuen Kontext. Platons Höhlengleichnis trifft im Kern seinen Ansatz. Chepovetskyys Arbeiten basieren auf der Frage, was mit Form und Inhalt passiert, wenn sie aus dem ursprünglichen Kontext herausgenommen werden und in einen neuen transferiert werden. So begibt er sich in seinen Bildern auf die Suche nach neuen Formen, die scheinbar noch frei von Inhalt sind. Die Übertragung der Form in einem neuen Kontext ist für ihn ein Spannungsfeld zwischen dem Kreativen und dem Rationalen und somit Ausgangspunkt seines schöpferischen Prozesses.

Artjom Chepovetskyy, geboren in Odessa, studierte Philosophie an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität und Bildende Kunst an der Kunsthochschule in Mainz.