UBOWL & L'AROME

Eine Erfolgsgeschichte wie aus dem Märchenbuch schreiben Hai Hoang Minh und seine Frau Giao Nguyen. Mit ihrem Edel-Imbiss UBowl und dem Restaurant L’Arôme begeistern sie Frankfurts Gourmets. Unserer Food-Expertin Barbara Goerlich erzählt das Paar von seinem Start in Deutschland, Wissensdurst und den innovativen Raffinessen der europäisch-asiatischen Küche.

Als Jugendliche aus Vietnam nach Deutschland gekommen, sind Hai Hoang Minh und seine Frau Giao Nguyen heute stolze Inhaber zweier erfolgreicher Restaurants in Frankfurts Innenstadt: UBowl und L‘Arôme. Erstmals aufmerksam wurden Foodies auf den heute 39-Jährigen, als in der Frankfurter Botschaft am Westhafen auf einmal spannende euro-asiatische Kreationen auf die Tische kamen. Virtuos verknüpfte Küchenchef Hoang Produkte, Aromen und Garmethoden seiner alten und neuen Heimat.

BOWL ADVENTURES

Das kulinarische Erfolgsstück des Gastronomen-Paars begann mit einem innovativen Konzept. Sie planten, die angesagten – und sehr gesunden - Poké Bowls mit besten Zutaten und asiatischen Akzenten in einem Edel-Imbiss umzusetzen. Knapp drei Jahre reüssiert das UBowl nun an der Töngesgasse und war umgehend ein Erfolg. Wie raffiniert so ein Schüssel-Erlebnis ausfallen kann, lässt sich hier auf Gourmet-Niveau schmecken. Was Hoang in Schüsseln schichtet, hat Klasse, zumal er bei Frische und Qualität keine Kompromisse eingeht. Die Signature Bowls vereinen Süße, Säure, Schärfe und Cremigkeit, raffinierte Saucen halten die kühn klingenden Zutaten zusammen. Bei der „U-Special-Bowl“ etwa finden gebratenes Rindfleisch, Tobiko-Kaviar, Kimchi, Gemüse, Annas, Kokos zusammen, getoppt mit Quinoa-Pops und fruchtiger Maracuja-Erdnusssauce. Klingt verwegen, schmeckt köstlich – und sieht auch noch gut aus. Fazit: Diese Bowls machen süchtig.

TRUE TO ITS NAME

Edel-Imbiss ok, doch der Traum der Hoangs von einem Fine-Dining-Restaurant besteht weiter. Mit ihrem lang geplanten Restaurant L’Arôme setzen die beiden noch einen drauf. Das stilvolle Restaurant am Willy-Brandt-Platz, gegenüber den Städtischen Bühnen bietet zwei Menüs – eines ist vegetarisch. Darin verknüpft Hai Hoang auf Basis der klassischen Küche virtuos Produkte, Aromen und Garmethoden seiner alten und neuen Heimat. Zum kurz gegarten Lachsbauch mit Couscousperlen macht sich Basilikumschaum farblich und geschmacklich hervorragend. Perfekt und mit deutlichen Röstspuren liegt saftiger Seeteufel auf Currysauce mit Muscheln, Mungobohnen, „Elefantenohr“ und Okraschotenpüree. Hohe Erwartungen erfüllen auch die Desserts, vegetarisch mit Grapefruitsorbet und Kokos auf gestocktem Sojabohnensaft oder Erdbeeren mit Wasserkastanie und getrockneter Crème fraîche.

SOMMELIÈRE VALERIE POULTER

Viel Holz, elegantes Petrolblau und Tapeten mit exotischen Motiven untermauern das Einrichtungskonzept nach der japanischen Harmonielehre des Wabi Sabi, das sich über zwei Ebenen erstreckt. Im Erdgeschoss können Gäste Hoang und seinem Team bei der Arbeit an der Küchentheke zusehen. Eine Wendeltreppe höher sitzt man mit Aussicht auf Theater und Skyline auf Stühlen mit Wiener Geflecht an polierten Holztischen, umsorgt vom aufmerksamen Service unter der Leitung von Valerie Poulter. Sie ist in der Szene aus dem Chalet 18 und dem Français im Steigenberger Frankfurter Hof bekannt und baut als Sommelière auch das Angebot vorwiegend deutscher Weine weiter aus. „Eine Terrasse ist bereits genehmigt“, freut sich Hoang. Derzeit ist nur abends geöffnet; spezielle Theater-Menüs und Lunchangebote sind angedacht.

HIS FATHER RECOGNISED THE TALENT

Der Mauerfall hatte nicht nur für Menschen in Deutschland und Europa unmittelbare und mittelbare Folgen. Die Welt wurde eine andere, was sich für den 17-jährigen Hai Hoang Minh als Glücksfall erwies. Obwohl sein Vater lange Jahre als Bauingenieur in der damaligen DDR tätig war, konnte er erst nach dem Mauerfall seine Familie aus Nordvietnam nach Thüringen holen. Für den jungen Vietnamesen waren es harte erste Monate in einem nicht gerade fremdenfreundlichen Umfeld. „Neues Land, neue Sprache, keine Freunde,“ erinnert er sich. Er biss sich durch, hatte bald Freunde, lernte die Sprache, schaffte nach nur anderthalb Jahren den Realschulabschluss und wollte wie sein Vater Ingenieur werden. Doch Hoang Senior, der inzwischen ein asiatisches Lokal in Gotha führte, erkannte in seinem Sohn den geborenen Koch. „Mein Vater hatte ein gutes Auge und hat mein Talent erkannt“, schmunzelt Hai. Durch Vermittlung eines Freundes absolvierte er drei Jahre im Nikko Hotel Düsseldorf in einer streng hierarchisch organisierten Küche. „Dort wurde gemacht, was der Chef sagt“, bilanziert Hoang die Zeit, in der er beschloss, den Beruf von Grund auf zu erlernen.

LEARNING FROM THE BEST

Als Segen für hiesige Foodies erwies die Wahl seines Ausbildungsbetriebs, das Landhaus Waitz in Lämmerspiel. Dadurch schlug Hai Hoang Wurzeln im Rhein-Main-Gebiet. Ein Wanderjahr führte den jungen Koch dann zum legendären Albert Bouley ins Waldhorn nach Ravensburg. Als einer der ersten Köche hierzulande integrierte Bouley asiatische Elemente in seine Sterneküche und gab sein Wissen über die „grande cuisine“ an Hoang weiter. Es folgten acht prägende Jahre an der Seite von Sternekoch Alfred Friedrich (heute Wirtshaus Zur Golden Kron). Zuerst im Restaurant Zarges an der ‘Fressgass‘, das längst Geschichte ist, und danach im Lafleur am Palmengarten in der verantwortlichen Position des Souschefs. Der wissensdurstige Hoang lernte, ganze Tiere und nicht nur deren Edelteile zu verarbeiten, und machte Bekanntschaft mit unbekannten oder vergessenen Zutaten. Nach der Prüfung zum Küchenmeister trat Hoang seine erste Position als Küchenchef im Edelgasthof Linde in Albstadt an. Dort gefiel es ihm zwar ausnehmend gut, wäre es auf der Schwäbischen Alb nur nicht so verflixt kalt gewesen. Daher zog es die Hoangs nach der Geburt der ersten Tochter zurück an den Main. Das Märchen konnte beginnen. In der Frankfurter Botschaft schickte Hai Hoang seine Gäste auf genussvolle Gaumenreisen von Europa nach Asien und zurück. Drei Jahre und doch nur eine Etappe auf dem Weg zu Hoangs eigentlichem Ziel, der Selbständigkeit im eigenen Restaurant.

Mit Ehefrau Giao Nguyen hat er zudem eine engagierte Geschäftspartnerin an seiner Seite, die als Neunjährige aus Vietnam nach Deutschland kam. Auch sie ist „vom Fach“, absolvierte ihre Ausbildung im Grandhotel Hessischer Hof und war mehrere Jahre im Restaurant Lafleur tätig. Mittlerweile hat sich Giao aus der Betriebsführung etwas zurückgezogen, widmet sich den beiden kleinen Töchtern und verantwortet Buchhaltung und Administration der beiden Betriebe mit mittlerweile knapp einem Dutzend Mitarbeiter:innen.