„Golden Hour in Portofino“ oder „Scary Movie“, heißen die Cocktails, mit denen die Frankfurter Maxim Kilian und Cyrus Lorenz von Boutique Drinks durchstarteten. Mit ihren originellen Ready-to-serve-Cocktails schafften sie es sogar ins KaDeWe-Sortiment. Style-Experte Chris Lehr hat sich den Erfolgsmix erklären lassen.
HANDMADE PREMIXES
Das erste ausgereifte Rezept für einen flaschenfertigen Premium-Cocktail habe gut sechs Monate gebraucht. Das will etwas heißen, denn die beiden sind keine Anfänger. Der ausgebildete Restaurantfachmann Maxim Kilian schüttelte, rührte und mixte als einer der ersten festangestellten Barkeeper im legendären The Parlour. Seit 2014 darf er sich „World Class Bartender“ nennen. Hospitality-Experte Cyrus war Stammgast und nach Studien- und Lehrjahren in Chicago und an einer Schweizer Hotelfachschule heiß auf eine neue Herausforderung.
„Einen Cocktail in eine Flasche zu bringen, ist etwas anderes als ihn an der Bar zu komponieren“, sagen sie. Während des Corona-Lockdowns begannen beide, Bottled Cocktails für Freunde herzustellen, die Bars und Restaurants waren ja geschlossen und die Bar Experience zuhause voll im Trend. Das rein handgemachte Produkt kam sofort an und die Nachfrage entwickelte sich enorm. Eine Geschäftsidee war geboren. Die Ready-to-serve-Cocktails aus der Manufaktur Boutique Drinks richten sich heute in erster Linie an das Luxury-Lifestyle-Segment, wie die gehobene Hotellerie und Feinkost-Stores. Inzwischen sind sechs verschiedene Cocktails an Gourmet- und Feinkostadressen deutschlandweit zu haben, unter anderem im Alsterhaus Hamburg, im Münchner Nobelwarenhaus Oberpollinger oder Heinemann Duty Free am Airport Frankfurt. Auch „Papa Enj“ am Opernplatz serviert sie. „Wir haben die hochwertige Alternative zum klassischen Bar-Service, was auch für Veranstaltungen und Boutique-Events attraktiv ist“, so Cyrus.
REGIONAL FIRST
Die ersten Branchenplätze in etwas mehr als drei Jahren – eine beachtliche Leistung. Was nicht nur an den leckeren Cocktails liegt, die ich am Produktionsstandort an der Hanauer Landstraße genüsslich verkoste. Als Team haben die Cocktail-Macher eine klare Aufgabeneinteilung: Während der 29-jährige Cyrus für die Strategie, Marken-Konzeption und das operative Geschäft zuständig ist, kümmert sich der etwas ältere Maxim um die Konzeption und Entwicklung der Drinks. Neben Produkteinkauf und Qualitätsmanagement leitet er die Produktion und sucht ständig nach neuen Wegen, um diese noch nachhaltiger zu machen. „Künstlich aromatisierte Getränke haben keinen Platz mehr im Regal, wenn Nachhaltigkeit und reine Handarbeit im Mittelpunkt stehen.“ Aktuell wollen die Jungs nach und nach alles auf regionale Zutaten in den wiederverwendbaren Flaschen umstellen, was natürlich bei Rum und Bourbon an seine Grenzen stößt. Immerhin: der verwendete Wermut kommt größtenteils von Winzer Stefan Dorst aus der Pfalz. Auch das Thema Bio-Zertifizierung stehe als nächstes auf der Agenda.
VODKA WITH POPCORN
Ich nippe an „Jessica Rabbit“, dann öffne ich die Flasche mit dem Etikett „Barrels by the Sea“. Wodka und Popcorn sind im Anschluss bei „Scary Movie“ eine aufregende Allianz. Für den Gaumen fächert sich bei allem eine tolle Reise auf und ist kein Vergleich zu den üblichen pappsüßen Partymix-Getränken aus dem Discounter. „Es sollen durch die natürlichen Aromen und die Namen Bilder im Kopf entstehen. Bei unserem ‚Barrels by the Sea‘ denkst du direkt an Rumfässer, die in der Karibik gestrandet sind, in der Sonne karamellisieren und die leichte Meeresluft aufsaugen“, bestätigen mir die Macher den besonderen Charakter. „Alle unsere Drinks verkörpern etwas Besonderes, die Zutaten finden sich meist verborgen im Namen wieder, etwa ein Kentucky Bourbon oder die Kombination eines französischen und italienischen Wermuts“, ergänzt Maxim.
Unsere Ready-to-serve-Cocktails orientieren sich zwar an klassischen Cocktails, sind jedoch so komponiert, wie man sie nur in den besten Bars der Welt findet. Maxim Kilian und Cyrus Lorenz, Boutique Drinks
Bis zu acht Zutaten wie Seasalt, Popcorn, Walnuss, Yuzu oder Zimt nehmen mit auf große Fahrt. Und alles ist so easy: Die stylisch designte Flasche öffnen – und im Handumdrehen eine raffinierte Mixtur genießen, ohne einen Gedanken an das richtige Mischverhältnis zu verschwenden, würde man zuhause eine Party geben und für jeden Gast den Cocktail Shaker schwingen. Klingt nach einem Traumjob, so ein Produkt zu kreieren. „Ist es auch“, versichern sie mir. Leider mache sich der Personalmangel auch bei ihnen bemerkbar und noch immer würden Freunde und Familie tatkräftig im Betrieb mithelfen, etwa um die Flaschen zu etikettieren.
SOFT ROSIE
Demnächst wird es eine Neuerscheinung im Sortiment geben. „Rose“ sei die Grundnote, tun die Jungs geheimnisvoll. Also etwas Softeres im Lady-Style, vermute ich. Und noch etwas planen die beiden. Auch die für die Cocktails verwendeten Spirituosen sollen im Boutique- und Hotel-Style für die Kund:innen zugänglich gemacht werden. Europaweit sichtbarer zu werden, sei ein großes Ziel. Auf dem Feld hochwertiger und daher nicht ganz günstiger Ready-to-serve-Cocktails tummeln sich inzwischen einige Mitbewerber, was das Geschäft belebt. Die Frankfurter liegen mit ihrem Ansatz einer Premix-Revolution goldrichtig, das kann man schmecken.