Mit Türmen wie dem WestendDuo, dem Nextower oder dem WINX Tower hat Architekt Jürgen Engel die Frankfurter Skyline wie kaum andere geprägt. Sein Büro KSP Engel gehört zu den renommiertesten Architekturbüros Deutschlands und ist weltweit aktiv. Anlässlich seines 70sten Geburtstags traf THE FRANKFURTER den gebürtigen Düsseldorfer zum Gespräch – unter anderem über den aktuell im Bau befindlichen Central Business Tower.
Wie kam es dazu, dass Sie Architekt geworden sind?
Jürgen Engel: „Das hat bei mir früh angefangen. Mein Vater war Maschinenbauingenieur und bei uns sind viele Architekten ein- und ausgegangen. Er war auch künstlerisch begabt, malte. Ich habe dann mit sechs angefangen, zu zeichnen. Mich interessierte diese Mischung aus Ingenieurkunst und Kreativität. An der Architektur reizt mich, dass dieser Beruf so vielseitig ist. Man sitzt nicht nur am Schreibtisch, sondern ist viel unterwegs, auf der Baustelle und hat mit ganz unterschiedlichen Leuten zu tun.“
Was machen Sie denn am liebsten?
„Am liebsten entwerfe ich. Das kann überall sein. Mit dem Stift bin ich frei, ich brauche keinen Computer, kann schnell reagieren. In der Zeichnung kann man auch mal in etwas abgleiten, man kann abstrakter werden, man kann viele Kreativitätstechniken anwenden.“
NEW LANDMARK IN FRANKFURT
Sie arbeiten gerade am Central Business Tower (CBT) an den Wallanlagen, der 205 Meter hoch werden soll. Auf die Realisierung haben Sie über 20 Jahre gewartet …
„Der CBT war in seinem Konzept von Anfang an spitze, weil er sehr flexibel ist und eine unglaubliche Effektivität hat. Der Grund, warum er so lange nicht realisiert wurde, war, dass der Wettbewerb zwei Grundstücke eingeschlossen hatte, die unterschiedlichen Eigentümern gehörten. Die Vereinigung der Grundstücke hatte sich dann lange hingezogen. Am Ende ist es zum Glück gelungen, eine Einigung zu erreichen.“
Bald sollen die Bauarbeiten am neuen Wohnhochhauskomplex Highlines, den Sie geplant haben, in der Innenstadt beginnen. Sind Wohnhochhäuser in Frankfurt noch der richtige Weg?
„Ich finde das Wohnen im Hochhaus wunderbar. Man ist mitten in der Stadt und kann zu Fuß überall hingehen, abends in die Bar, auf die Zeil, zu allen Kulturinstitutionen und hat diesen tollen Ausblick auf die Stadt. Es ist eine gute Möglichkeit, die Innenstadt räumlich zu verdichten, ohne dass man große Grundstücksflächen antasten muss.“
Wie sehen Sie die Entwicklung der Frankfurter Skyline?
„Das Hochhaus hat Zukunft – unabhängig davon, wie kontrovers wir diese Bauwerke diskutieren. Nachhaltigkeit bedeutet auch, dass man Flächen effizient nutzt, Orte enger zusammenbringt, den Austausch verbessert. Das Hochhaus hilft, Parks und grüne Räume zu erhalten, den Randbereich einer Stadt nicht zu bebauen und die Innenstadt lebendiger zu gestalten. Die Skyline von Frankfurt ist außerdem zu einem unverwechselbaren Wahrzeichen der Stadt geworden. Diese außergewöhnliche Ansicht auf den Hochhauspulk aus der Ferne ist schon atemberaubend. Das sollten die Frankfurter nie vergessen.“
FINDING THE GENIUS LOCI
Welches der Projekte, die Sie international betreut haben, liegt Ihnen besonders am Herzen?
„Das ist einmal die Chinesische Nationalbibliothek in Peking. Ein Meilenstein und der Durchbruch für unsere Arbeit in Asien. Und das zweite ist die Große Moschee in Algier. Sie ist die drittgrößte Moschee der Welt und das neue Wahrzeichen der Stadt. Viele Menschen in Nordafrika werden sich zu den großen Städten entlang des Mittelmeers bewegen. Afrika mit seinen 1,4 Milliarden Menschen wird für uns ein sehr interessanter Markt werden.“
Wie gehen Sie vor, wenn Sie in einer anderen Kultur bauen wie in Algerien?
„Wir beschäftigen uns natürlich mit der Kultur, der Geschichte und den Besonderheiten des Ortes. Es geht erstmal darum, was der Ort im Menschen erzeugt, was er wahrnimmt, was ihn dort fasziniert. In Algier haben wir uns auch gefragt, was es für die Gesamtstadt bedeutet, wenn wir so ein riesiges Bauwerk wie die Moschee mit einem Minarett von 265 Metern Höhe errichten, das überall in der Stadt zu sehen ist. Ich habe mich auch von Albert Camus und seinen Algerien-Erzählungen inspirieren lassen, dem mediterranen Licht und dem Bezug zum Wasser. Von der Moschee hat man einen direkten Zugang zum Meer, auch das Licht ist dort besonders. Trotz seiner Größe sollte dieser Ort so sein, dass sich die Menschen dort gerne aufhalten.“
In Asien haben Sie eigene Büros – wie ist die Arbeit dort?
„Ich bin 1992 nach China gegangen, da war der Einfluss von Mao noch sehr stark. Es waren noch wenige internationale Architekten vor Ort. Das hat sich heute geändert. Um in einen Markt zu kommen, müssen sie vor Ort sein, sich damit auseinandersetzen, wer die wesentlichen Akteure sind. Wir haben einen Wettbewerb für den städtebaulichen Masterplan für drei Hochschulen in Shanghai gewonnen – damit waren wir dann drin.“
THE NEXT GENERATION
Wie behalten Sie den Überblick bei so einem internationalen Geschäft?
„Ich habe ein gutes Team um mich herum und muss mich nicht um alles kümmern. Wir haben hoch motivierte Mitarbeiter:innen, die teilweise über 30 Jahre bei uns tätig sind. Dann haben wir unsere Büros in Peking und Shenzhen. Da muss man gut organisiert sein. Und wir haben teilweise auch Pionierarbeit geleistet: In Algerien haben wir den lokalen Behörden dabei geholfen, Baurecht zu schaffen. Bei der Nationalbibliothek in Peking haben wir gemeinsam mit den Fachleuten vor Ort eine Lösung entwickelt, wie man den Bau in genehmigungsfähige Brandabschnitte gliedert.“
Wenn Sie zurückblicken, was würden Sie Ihrem jüngeren Selbst oder der jüngeren Generationen raten?
„Also meinem jüngeren Selbst würde ich sagen, das hast du ganz ordentlich gemacht. Und der jüngeren Generation – ich habe vier Kinder - würde ich sehr wünschen, dass sie erkennen, wenn man heute etwas erreichen will und sich richtig dafür engagiert, Ideale und Visionen hat und sie mit Ausdauer verfolgt, dann ist man auch erfolgreich. Im Beruf etwas bewirken zu können, ist sehr erfüllend und viel schöner als oft Freizeit zu haben.“