APPETITE FOR DESIGN

Die Verschmelzung von Nachhaltigkeit und purem Stil stand bei der Ambiente, der weltgrößten Konsumgüterschau in Frankfurt, im Mittelpunkt. Die Trends bei Tableware zielen auf subtil gemischte Pastelle, CO2-Neutralität und neue Wertschätzung. Das THE FRANKFURTER-Team war für Sie auf der Leitmesse unterwegs und fand die Trend-Pieces.

WHITE REVIVAL

Weißes Geschirr ist zurück. Fürs Fine Dining und jetzt auch für den Alltag. Edel, unaufgeregt, lichtverstärkend. Und damit sind weiße Teller der Gegenpol zu den roughen, handgemacht wirkenden Keramiken der letzten Jahre. Hersteller wie Villeroy & Boch und Asa heben den Trend mit neuen hochwertigen Sets hervor. Zur klassischen Tellerform kommen bei Pordamsa, einem spanischen Familienunternehmen, organische, weiche Formen aus Porzellan, die an Wolken und Blüten-Bowls erinnern. Wenn schon Farben, dann softe. Alles Milde, positiv Stimmende steht im Vordergrund. Subtil gemischte Pastelle und aufgehellte Töne sind charakteristisch für diese Palette. Nicht fehlen darf die Pantone-Farbe 2024, „Peach Fuzz“, eine frische, sonnengeküsste Farbnuance der Pfirsichfrucht. Vor allem Liebhaber:innen natürlicher Einrichtungsstile dürften diese ausgleichende Farbe besonders mögen. Aufgenommen in die „Solid Color“-Linie von Dibbern beweist die Pfirsichfarbe, dass sie zum Frühstückstisch wie zum festlich gedeckten Tisch passt. Ein bisschen Knalleffekt darf sein: die bunten „Joy“-Henkelbecher von Asa aus spülmaschinenfestem Porzellan lassen sich wunderbar mit den angesagten Farben mischen. Florale Muster und verspielt-bunte Teller machen sich allgemein rar. Beides wird zugunsten von etwas Raffinierterem abgelöst, etwa von zarten Vektor-Gittermustern, wie bei der „Zuma“-Kollektion von Serax. Möglich, dass es der Anfang eines geometrischen Mustertrends ist, man wird sehen.

MIX & MATCH

Teller, Tassen und Schüsseln aus Steingut sieht man weiterhin, aber sie sind gleichmäßiger, perfekt glasiert und glatter. Die Kollektion „Nordic Vanilla“ von Broste Copenhagen beispielsweise ist gesprenkelt wie Vanillemilch, mit einer glatten und dennoch matten Oberfläche. Der klare Trend der letzten Jahre zum Minimalismus erhält eine umweltbewusste Wendung, wobei der Schwerpunkt auf der Auswahl langlebiger, nachhaltiger Stücke liegt. Tableware ergänzt diesen Trend mit schlichten, funktionalen Designs. Hinzu kommt der Trend Mix & Match auf dem gedeckten Tisch. Kleinserien, Sammlerstücke und Unkonventionelles beleben Arrangements.

Detlef Klatt, Gründer und Designer von Klatt Objects („German Design Award 2024“): „Hochzeitstische werden erzählerisch gestaltet, das heißt, jeder Tisch ist anders mit Geschirr und Objekten ausgestattet, was die Kommunikation fördert. Das wird immer beliebter.“ Seine poetischen Tischobjekte aus Fine Bone China in Schneeweiß und die kleinen Keramikschalen passen zur wachsenden Liebe für subtile Eyecatcher, die unverkennbar den Einfluss der japanischen Tischkultur in sich tragen.

SUSTAINABILITY FIRST

„Frittenfett“ klingt erst einmal nicht sexy, ist aber eines der innovativsten Recycling-Rohstoffe, aus denen Geschirr entsteht. Ein Vorreiter darin ist Koziol, das Traditionsunternehmen aus dem Odenwald. Aus biozirkulären Thermoplasten – gewonnen aus recyceltem Sonnenblumen- oder Rapsöl („Frittenfett“) – und Holzfasern entsteht bei Koziol nachhaltiges und stylisches Mehrweggeschirr in vielen Farben.

Uns begeistert auch das neue „Superglas“ des Herstellers. Es sei unkaputtbar und dauerhaft kratzerfrei, erfahren wir. Kristallgläsern ähnlich liegen die facettierten Bier-, Latte- und Champagnergläser schwer in der Hand. Weltweit reißen sich bereits Hotels um diese spülmaschinenfesten „Supergläser“, gerade für Pool-Areale, wo Glas aus Sicherheitsgründen verboten ist, seien sie gefragt. Nach Jahren im Gebrauch können die Hotels die Gläser an Koziol zurückgeben, wo sie zu neuem „Superglas“ recycelt werden.

SLIM!

Schaut man sich unter den aktuellen Bestecken um, lassen diese fast vergessen, wozu sie rein technisch da sind. Zunehmend rücken sie in den Vordergrund als minimalistische Kunstwerke. Im Extrem erinnern sie fast an chirurgisches Werkzeug, so schlank sind die Stiele jetzt. Den Gold- und Kupfer-Metallic-Look sieht man seltener, ganz verschwunden ist das Farbspektrum eines schillernden Regenbogens. Mit noblem Unterstatement wirkt dagegen die Linie „Riviera Blu Notte“ von Bugatti, ein dunkelblaues Finish auf rostfreiem 18/10-Edelstahl, dem Speisesäuren nichts anhaben können. Das sehr schlanke Design ist perfekt für puristische Inszenierungen. Rustikaler interpretiert die Belgierin Marie Michielssen, langjährige Serax-In-House-Designerin, den Trend: Ihr hochwertig verarbeitetes „La Mère“-Edelstahl-Besteck mit Stone-Wash Finish besticht gerade durch seine originelle Einfachheit.

SPLENDID DARLINGS

Auffallend schlanke Stiele sind der klare Trend bei Wein- und Sektgläsern. Zwiesel Glas aus Niederbayern ist für solche handwerklichen Meisterwerke schon lange bekannt. Auch in der Gastronomie hochgeschätzt, glänzen die Stücke durch ihre erstaunliche Robustheit. Neu ist die Serie „Ink“, mundgeblasen und mit einem Farbfaden im schlanken Stiel. Mittels eines aufwendigen Verfahrens, das auf traditionellen Handwerkstechniken beruht, entstehen individuelle aquarellartige Farbverläufe in der Bodenplatte. In Rauchgrün kommen die mundgeblasenen „Sarabi“-Gläser von Asa daher. Hier ist der schlanke Stiel in apartem Tiefschwarz.

MORE TABLE STARS

Am Ambiente-Messestand der Silberschmiede Robbe & Berking traf THE FRANKFURTER den Inhaber von „À Table – Manufakturen für Genießer“, Peter Schamberger, zum Gespräch. Der Tableware-Experte präsentiert in seinem Store in der Frankfurter Kaiserhofstraße drei Manufakturen von Weltruf: Robbe & Berking, die Porzellanmanufaktur Meissen und die französische Kristallmanufaktur Saint-Louis. Bei einem Champagner, natürlich aus Robbe & Berking-Silberkelchen, sprachen wir über die Trends 2024.

THE FRANKFURTER: Welche Strömungen bemerkst Du beim Luxury Tabletop?

Peter Schamberger: „Nachhaltigkeit ist nach wie vor ein sehr großes Thema, was sich im gesamten Interieur Design widerspiegelt. Die Wertschätzung für vorhandene Rohstoffe wächst und handwerkliches Können wird zunehmend wichtiger. Man sieht viel ‚Mix & Match‘, modernes Geschirr, dass sich zeitlos kombinieren lässt und jeden gedeckten Tisch auch ohne große Dekoration aufwertet. Einfache Formen, die Ruhe und Klarheit ausstrahlen, sind jetzt ebenso wichtig wie harmonische Farben, gern in Pastell-Naturtönen. Man sieht aber auch Schwarz mit Gold bei der einen oder anderen Manufaktur.“

Robbe & Berking hat anlässlich seines 150-jährigen Jubiläums mit „Metropolitan“ ein Mid-Century Besteck neu aufgelegt. Bei Meissen sehen wir erstmals den Glücksdrachen.

„Ikonisches Design verjüngt sich immer wieder, ein Muss, meines Erachtens. So behält es seine Zeitlosigkeit. Meissen-Designerin Zhuoyu Hou hat mit der ‚Nova‘-Vase das Repertoire der Manufaktur um eine einzigartige Formensprache erweitert und so die perfekte Bühne für den Glücksdrachen kreiert. Den Blick auf eine Feuer-Perle gerichtet, spielt das Fabelwesen von Wolken umgeben. Verwendet wurde auch eine Technik der Limoges-Malerei, die weltweit nur noch von Meissen beherrscht wird. Eine erfolgreiche Manufaktur zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie mit ihrer handwerklichen Expertise völliges Neues kreiert, bei Robbe & Berking sind das ‚Gourmetwaffeln‘, die süß oder herzhaft befüllt werden können. Dieses frische, junge Design ist auch interessant für die Luxusgastronomie.“

Was gibt es darüber hinaus, was Dich begeistert?

„Auf jeden Fall die ‚Folia‘-Mini-Baladeuse. Eine tragbare LED-Tischleuchte von Saint-Louis aus traumhaft geschliffenem Kristallglas, welche in die Handfläche passt. Toll! Sie passt zu allen Stilen und ist in zwei Farbtemperaturen einstellbar. Ihr geometrisches Muster, durch das Licht kaleidoskopartig vervielfacht wird, wirkt sehr edel. Man sieht einfach, wie das technische Know-how der Manufaktur übersetzt wurde. Und: die Lampe ist mobil und kabellos, also ein Begleiter für ein Abendessen auf der Terrasse, einem Couchtisch oder auf einer schicken Picknickdecke. Ohnehin sind mobile Leuchten, die sich mittels USB wiederaufladen lassen, ein wichtiges Trend-Piece in 2024.“