Ein bisschen Spaß muss sein. Finden wir auch und freuen uns, dass mit dem Caricatura ein Museum in Frankfurt beheimatet ist, das mit seiner Ausstellung ein echtes Unikum darstellt. Direktor Achim Frenz erklärte uns beim Lunch, wie er zum Frankfurter "Verwalter" komischer Kunst wurde und warum Satire für die Welt so wichtig ist.
Friedrich Stoltze schaut von seinem Denkmal in der neuen Altstadt zu uns rüber. Mit Caricatura-Leiter Achim Frenz hätte der berühmte Satiriker viel zu besprechen, denn beide haben den gezeichneten Spott im Blut. Und auch wir sind neugierig auf den Mann, der als Komikexperte gilt und doch nicht als Spaßvogel bekannt ist. Achim Frenz kommt mit roten Hosenträgern zur Tür herein. "Wein, mitten am Tag?", fragt er vorsichtig. Wir überzeugen ihn von einem leichten Riesling, der uns nebst feinen hessischen Spezialitäten in der schönen Balthasar Ress Weinbar und Vinothek serviert wird. Zum Auftakt hisst Achim Frenz seine berüchtigte Fahne des Doppelbödigen: "Ich kann alles sagen und hinterher sagen, es war alles nur Spaß. Das kann man in vielen anderen Berufen nicht." Man sagt, Nordlichter machen wenige Worte, sticheln wir. "Sagt man", stichelt der an der Nordsee Geborene zurück. Wir glauben ihm jedes Wort.
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INNOVATIVE & UNIQUE
Der Konflikt seines Hauses mit dem Historischen Museum Frankfurt ist ausgestanden. Aus dem Appendix Caricatura soll ein selbständiges Museum werden. Frenz hatte dies vehement gefordert. "Das Museum für Komische Kunst drohte langsam abgeschafft zu werden. Das musste ich verhindern", wehrt Achim Frenz Spekulationen ab, er habe mit dem dortigen Direktor persönlich Krach gepflegt: "Es ging um eine rein inhaltliche Auseinandersetzung."
Noch ein paar Jahre hat Achim Frenz bis zum Ruhestand. "Ich will ein Haus hinterlassen, das funktioniert und endlich seine Kraft entfalten kann und nicht gedeckelt wird", sagt er. Die notwendige Vergrößerung werde er sicher nicht mehr im Amt erleben, ein Anbau für Werkstätten, die grafische Sammlung und ein größerer Ausstellungsraum wären nötig. "Vor zehn Jahren hatte die Kulturpolitik die Idee und den Mut, ein solches außergewöhnliches Museum in Frankfurt zu etablieren. Nicht nur die Stadtgesellschaft hat es angenommen, sondern aus der ganzen Bundesrepublik kommen Fans der Satire und komischen Kunst und besuchen das Haus." In München soll derweil ein "Humor-Museum" an den Start gehen, ähnlich wie in Frankfurt. Keine Konkurrenz findet Frenz: "In den ersten Stunden war ich auch als Berater in der Isarstadt dabei. Unser Haus galt damals als Vorbild für eine Artothek der Komischen Kunst. Wie man hört, wollen die Münchner Kollegen richtig Geld in die Hand nehmen. Da kann dann Frankfurt nicht mithalten!"
BANANA SHAKE
Wie geht es eigentlich "Zonen-Gaby", die nach dem Mauerfall 1989 auf dem Titanic-Cover Furore machte? Die Frau mit Gurke statt Banane in der Hand. Frenz lacht tief aus dem Bauch: "Nein, die Gaby gab es als Person so nicht. Sie kam aus dem Umkreis der Redaktion und wurde eigens Ostdeutsch 'hergerichtet'." Ab Oktober zeigt das Caricatura-Museum in einer Ausstellung die Cover-Fotos aus 40 Jahren Titanic-Magazin. Oft zu sehen: Hitler.
"Der geht in Deutschland immer! Auch Brüste verkaufen sich gut! Wenn es dem Magazin mal ganz schlecht gehen sollte, bekommt Hitler Brüste." Gibt es eine Schmerzgrenze für Satire? "Ich gehe eigentlich sehr weit, jedoch Provokation der Provokation wegen macht keinen Sinn." Mehrfach sie er schon bedroht worden, auch das Museum stand unter Polizeischutz. Das Attentat auf "Charlie Hebdo" traf auch diese Institution. Titanic hat noch viele böse Spitzen im Köcher, plaudert Frenz aus. Die Gürtellinie ist dabei naturgemäß keine Grenze. Nu so viel vorab - sollte Friedrich Merz Bundeskanzler werden, stehe ein dampfender Kübel Satire für ihn bereit.
ART WITH A MESSAGE
Was macht einen guten Witz aus, Herr Frenz? "Vor allem braucht es die große Fallhöhe." Dass ihm das im Museum mit Ausstellungen namhafter Zeichner gelingt, beweisen die guten Besucherzahlen. Komische Kunst heißt hier nicht, dass witzige Bilder an den Wänden hängen. Es ist weit mehr. Das Haus vermittelt Satire und Karikatur als Kunstform. Und deren Futter wird bekanntlich selten knapp: "Wenn ich im Fernsehen Nachrichten schaue, kann ich wild werden über so viel Dummheit und Irrsinn da draußen." Eine Gesellschaft ohne Satire - da könnte etwas faul sein im Staate. Satire ist ein notwendiges Korrektiv. Wäre das Caricatura-Museum in den USA möglich? "Amerikanische Zeichner vom 'New Yorker', die unser Museum besuchen und begeistert sind, sagen nein. Trump ist schlimmer, als man sich das vorstellt."