A SPACE CALLED HEUSSENSTAMM

Christian Kaufmann übernahm im Herbst 2019 die Leitung der vor über 100 Jahren vom früheren Bürgermeister Carl Jakob Moritz Heussenstamm gegründeten, gleichnamigen Stiftung mit dem Ziel, diese konzeptuell neu aufzustellen und ihr Profil zu schärfen. Was konnte der Kunsthistoriker in den ersten zwei Jahren, die ganz im Zeichen von Corona standen, schon umsetzen? Galeristin Heike Strelow traf ihn zum Interview.

Christian, als sichtbares Zeichen der Änderung wurde zu Beginn deiner Tätigkeit als Leiter der Stiftung der Name des Ausstellungsraums in der Braubachstraße geändert. Er heißt nun "Heussenstamm. Raum für Kunst und Stadt". Ist der Name Programm?

Wir wollten dem Raum den Galerie-Charakter nehmen und seine Qualität als Freiraum für die Kunst fokussieren. Neu etabliert haben wir eine Ausstellungsreihe, die urbane Phänomene zeigt und die wir in Kooperation mit dem Deutschen Architekturmuseum und dem Magazin urban shorts bespielen. Sie läuft parallel zu den 'großen' Kunstausstellungen. Die Taktzahl der Projekte wurde erhöht, womit natürlich auch die Notwendigkeit einer größeren Drittmittelakquise verbunden ist. Ausgebaut wurde auch die Präsenz in den sozialen Netzwerken, inklusive eines eigenen Youtube-Kanals."

Die Kunst steht für dich bei deiner neuen Tätigkeit wieder stärker im Zentrum. Was ist dein Anliegen dabei?

"Das Verlangen, wieder mehr mit Kunst zu tun zu haben, war einer der Hauptgründe für diesen Wechsel. Mich reizt aber auch sehr die Frage nach der Kulturregion und damit die Frage nach dem Regionalen und seiner Qualität - bezogen auf die Kunst."

Im Zentrum der Neuausrichtungen stehen aber auch Debatten zu sozialen und kulturpolitischen Themen. Corona wirkt wie ein Brennglas für gesellschaftliche Missstände. Greift ihr das auf?

"Eine Ausstellung im Frühjahr hatte genau das zum Thema. Mit 'Lockdown. Kunst und Krise' zeigten wir 43 Positionen, die sich mit den Themen der Pandemie auseinandergesetzt haben: Umweltzerstörung oder Social Distancing etwa. Es gab Arbeiten, die das Thema Systemrelevanz aufgegriffen haben, auch bezogen auf die eigene gesellschaftliche Stellung. Corona hat die prekäre finanzielle Situation von Künstlerinnen und Künstlern verschärft, auch das wollten wir mit dem Projekt thematisieren."

Corona zwang euch einige Projekte zu verschieben. Was konntet ihr denn mittlerweile von deinen Plänen umsetzen?

"Nach langer Schließung sind viele Ausstellungen auf 2022 verschoben worden. Salons liegen auf Eis oder müssen in den öffentlichen Raum verlegt werden. Gleichwohl konnten wir einige größere kooperative Projekte verwirklichen, die für ich richtungsweisend sind und die ich in Zukunft ausbauen möchte. Größere Netzwerkprojekte, die aufgrund ihrer Synergien für unsere Institution wichtig sind."

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Was erwartet uns in den nächsten Monaten im "Heussenstamm. Raum für Kunst und Stadt"?

"Wir starten im September mit malatsion und Edwin Schäfer, deren Arbeiten sich mit Fragen von Evolution auseinandersetzen. Die Coronakrise bleibt Thema. Etwa mit der Ausstellung 'Wir vermissen euch' auf dem Rathenauplatz, mit der der Fotograf Günther Bauer dem Lockdown in den Schulen nachgeht. Im November folgt die Ausstellung von Nikolaus Nessler sowie ein größeres Projekt, das der Verbindung von Wohnen und Arbeiten bei Kunstschaffen nachspürt - auch ein Thema, das in der Pandemie an Brisanz gewonnen hat. Geplant sind auch drei künstlerische Projekte ästhetischer Bildung für Jugendliche, in Zusammenarbeit mit Schulen oder als freie Workshops. Ein wichtiger Bereich für die Stiftung, der perspektivisch ebenfalls ausgebaut werden soll."